
Der Historiker Armin Kohnle sieht den sächsischen Kurfürsten und Luther-Unterstützer Friedrich den Weisen als mögliches Vorbild für heutige Politiker. Der spätmittelalterliche Kurfürst habe aus Überzeugung gehandelt und sei bei seiner Linie geblieben. „Da ist er ganz anders als die heutigen Politiker“, sagte Kohnle dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das hat mich immer beeindruckt an ihm, dass er nicht das berühmte 'Fähnchen im Wind' ist oder das Schilfrohr, das sich je nach Brise hin und her bewegt.“ Auch mit Blick auf Diplomatie „könnten sich manche Politiker von heute eine Scheibe abschneiden“. Der Kurfürst habe sich mit großer Geschicklichkeit auf einem „Minenfeld“ bewegt.
Kohnle zufolge hat Friedrich der Weise „Weltgeschichte geschrieben, ohne es zu wissen“. Denn ohne ihn wäre die Reformation so nicht verlaufen. Am 5. Mai ist der 500. Todestag des Kurfürsten von Sachsen (1463-1525). Kohnle ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Leipzig. Er hat zum Jubiläumsjahr eine Biografie über Friedrich III. verfasst.
Friedrich habe Martin Luther unterstützt, um Schaden von seiner Universität in Wittenberg abzuwenden, an der Luther Theologie lehrte, erläuterte Kohnle. „Martin Luther war ein Star in Wittenberg.“ Doch das zentrale Motiv für Friedrichs Lutherschutzpolitik sieht Kohnle in dessen bibeltreuer Frömmigkeit. „Als spätmittelalterlicher Musterchrist findet er sich bei Luther wieder.“ Zwar sei sich Friedrich nicht sicher gewesen, ob Luther mit seinen Thesen tatsächlich recht habe und das Evangelium predige. Doch der Kurfürst „wollte nicht schuld sein, dem Evangelium etwas in den Weg gestellt zu haben“.
Der Kurfürst von Sachsen habe Luther „nicht ans Messer geliefert“ und ihm auf der Wartburg bei Eisenach einen sicheren Aufenthalt gewährt. Inwieweit Friedrich in die fingierte Entführung Luthers einbezogen war, sei durch Quellen nicht belegt. „Zwar vollzieht er keine Handlungen, die die Reformation aktiv befördern, doch indem er alle Versuche, die Reformation zu unterdrücken, abwehrt, fördert er sie in gewisser Weise auch.“
Kohnle zufolge hat sich Friedrich der Weise im Laufe seiner letzten Lebensjahre, die die Luther-Episode umfassen, „Stück um Stück“ auf Luther zubewegt. Friedrichs Überzeugung sei gewachsen, dass Luther das Evangelium verkünde. Auf dem Totenbett habe er das Abendmahl in beiderlei Gestalt eingenommen, also in evangelischer Form. „Vielleicht ist das sein Bekenntnis zu Luther gewesen, das er bis zum letzten Augenblick hinausgezögert hat.“