Abwicklung der US-Hilfe: "Ohne Geld können wir keine Leben retten"
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Mittagessen in einer Schule in Rafa im Süden von Niger
Genf (epd).

Nahezu im Wochentakt schlagen die Vereinten Nationen Alarm. Weltweit müssen UN-Hilfswerke wegen finanzieller Engpässe ihre Leistungen zurückfahren. So zum Beispiel in Uganda, wo das Welternährungsprogramm (WFP) in Kiryandongo Flüchtlinge aus der Region mit Essen versorgt. „Trotz des steigenden Bedarfs ist das WFP gezwungen, seine Hilfe schrittweise zu reduzieren“, sagt der Uganda-Landesdirektor Marcus Prior.

Der Grund: Geberländer auf der ganzen Welt kürzen massiv ihre Budgets für die internationale humanitäre Hilfe - allen voran die USA unter Präsident Donald Trump. Bereits kurz nach dem Amtsantritt Trumps am 20. Januar begann er mit der Abwicklung der Hilfsagentur USAID. Am 1. Juli gab US-Außenminister Marco Rubio schließlich die finale Schließung bekannt.

Auch in Ländern wie Afghanistan, der Demokratischen Republik Kongo und dem Jemen wird die Hilfe durch ausbleibende Mittel erschwert. Die WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain bringt die düstere Situation der Bedürftigen und ihrer Helfer auf den Punkt: Ohne Geld der Geber „können wir keine Leben retten“.

Kahlschlag trifft die Welt zu einem ungünstigen Zeitpunkt

Frühere US-Regierungen hatten ihr Land als weltweit größten und wichtigsten Geber positioniert: Im Jahr 2023 stellten die Amerikaner laut UN rund 72 Milliarden US-Dollar an Hilfsgeldern bereit. Im Jahr 2024 kam Washington demnach für rund 40 Prozent der gesamten humanitären UN-Hilfe auf. Mit dem Geld haben die Vereinten Nationen zum Beispiel den Erwerb und die Verteilung von Essen sowie Medizin finanziert und sichere Unterkünfte für Flüchtlinge und Vertriebene geschaffen.

Der Kahlschlag trifft die Welt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Kriege und Konflikte wie im Sudan, in Nahost, in der Ukraine und Myanmar sowie Klimaschocks mit Dürren und Überschwemmungen treffen immer mehr Menschen. Die Kürzungen seien „vor allem für schwache Menschen auf der ganzen Welt verheerend“, sagt UN-Generalsekretär António Guterres. Das Welternährungsprogramm befürchtet sogar, „dass 58 Millionen Menschen lebensrettende Unterstützung verlieren könnten“. Ihnen droht damit der Hungertod.

In Nahost geht die Trump-Regierung noch einen Schritt weiter: Dort verdrängen die USA die UN-Hilfsorganisationen. Konkret geht es um die Versorgung von mehr als zwei Millionen Menschen im umkämpften Gaza-Streifen. Die US-finanzierte Stiftung „Gaza Humanitarian Foundation“ begann mit der Verteilung von Essen. Bei den chaotischen Ausgaben wurden viele Menschen getötet. Derweil bleibt Israel bei seinem Verbot für das eigentlich zuständige Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA). Rund 3.000 UNRWA-Trucks, randvoll beladen mit humanitären Gütern, dürfen auf Geheiß Israels nicht in den Gaza-Streifen. Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher spricht von einem zynischen Ablenkungsmanöver der USA und Israels.

UNHCR musste drei Viertel der Schutzeinrichtungen schließen

Auch im Südsudan hat Trumps Politik Folgen: Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR musste wegen Geldmangels drei Viertel der Schutzeinrichtungen für Frauen und Mädchen schließen. Bis zu 80.000 Opfer von Vergewaltigungen und Konflikten verloren deshalb medizinische Versorgung, Rechtsbeistand und wirtschaftliche Unterstützung. „Sie sind jetzt noch stärker von Missbrauch und Armut bedroht und gezwungen, in ihre gefährliche Heimat zurückzukehren“, erklärt UNHCR-Direktorin Elizabeth Tan.

Insgesamt muss das UNHCR nach den Worten seines Chefs, des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge Filippo Grandi, rund ein Drittel seiner Kapazitäten einsparen. Ebenso sieht sich die Internationale Organisation für Migration (IOM) zu tiefen Einschnitten genötigt. Rund 6.000 IOM-Jobs fallen weg. Ohne die US-Finanzmittel geraten nun die Helfer selbst, darunter viele lokale Kräfte, in eine existenzielle Krise. Die Ökonomin Zainab Usman von der Carnegie-Stiftung sagt: Das „Ende der globalen Hilfsindustrie“ sei gekommen.

Von Jan Dirk Herbermann (epd)