Kulturbeauftragter: Kirchenmusik ist "Lebensmittel"
Evangelische Landessynode befasst sich mit Schwerpunktthema Musik
Berlin (epd).

Brandenburgs Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) sieht in der Musik Potenziale zur Stärkung der Demokratie. Musik, Kompositionen und Orchester stünden auch für demokratische Prinzipien des Dialogs und der Einigung, sagte die Musikwissenschaftlerin und Hochschulprofessorin am Freitag in Berlin bei der Herbsttagung der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Der Gefährdung der Demokratie müsse mit vielfältigen Mitteln begegnet werden, auch mit der Kirchenmusik.

Mehr Kompositionsaufträge

Liedtke sagte, Musik ermögliche Dialog und Demokratie suche den Dialog. Musik könne so ein Mittel zur Demokratiebildung sein. Zugleich betonte sie, die Kirche sei in der Pflicht, auch neue musikalische Entwicklungen zu fördern, auch durch Auftragskompositionen wie schon zu Zeiten von Johann Sebastian Bach (1685-1750).

Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, rief dazu auf, die Kultur des gemeinsamen Singens zu stärken. Das Beispiel Kirchenmusik zeige, dass Kunst und Kultur in der Kirche „keine feuilletonistischen Sahnehäubchen, sondern Lebensmittel“ seien, sagte er. Im gemeinsamen Singen liege eine große Kraft. Die Kirchen müssten „Asylräume des Singens bleiben“.

Musikalische Guerilla-Bewegung

Die Kirchenmusik sei etwas „Besonderes und Kostbares“ und zugleich gefährdet, sagte Claussen. Das gemeinsame Singen habe im frühen Christentum eine große Bedeutung gehabt. In der Reformation habe das christliche Lied eine politische Relevanz eingenommen. Die neue Lehre sei auch durch neue Lieder verbreitet worden, unter anderem von entlaufenen Mönchen und in Form von Gassenhauern, um die alten Autoritäten zu stürzen. Die Reformation sei auch eine Art „musikalische Guerilla-Bewegung“ gewesen.

Hochwertige Kirchenmusik

Claussen betonte, für Martin Luther (1483-1546) sei Musik ein Mittel gewesen, um den Teufel zu vertreiben, und damit eine Art „unaggressiver Exorzismus“. Im Singen und in der Kirchenmusik gehe es „um eine Kraft Gottes, die uns erfüllt, wenn wir sie mit anderen teilen“. Kirchenmusikdirektorin Cornelia Ewald betonte, die Kirche müsse sich auch hochwertige Kirchenmusik weiter leisten.

Landeskirchenmusikdirektor Gunter Kennel sagte, die „facettenreiche Kirchenmusik“ werde zwar geschätzt, sei jedoch in Gefahr. Freie Stellen zu besetzen, werde wegen fehlender Bewerbungen immer schwieriger. Es würden deutlich zu wenig Kirchenmusiker ausgebildet. Deshalb sollten auch Nachqualifizierungen und Quereinstiege ermöglicht werden.

Rund 2.000 Orgeln

In der Landeskirche sind nach Angaben von Kennel derzeit rund 160 hauptberufliche Kantorinnen und Kantoren sowie zahlreiche nebenamtliche und ehrenamtliche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker tätig. Für die Betreuung der insgesamt rund 2.000 Orgeln sind 20 berufene Orgelsachverständige im Einsatz. Dem Chorverband gehören 223 Mitgliedschöre mit insgesamt mehr als 7.500 Sängerinnen und Sängern an. Außerdem gibt es unter anderem 264 Kinder- und Jugendchöre mit insgesamt knapp 5.000 Mitgliedern und mehr als 200 Posaunenchöre.

Von Yvonne Jennerjahn (epd)