Rotes Leuchten zwischen Fichten
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Im WeltWald im Harz koennen Besucher den Indian Summer erleben
Im WeltWald im Harz können Besucher den Indian Summer erleben
Bad Grund (epd).

Begleitet vom Rauschen der Blätter hoch über ihm, läuft Förster Jan-Ole Kropla zielgerichtet zu einer Baumgruppe am Wegesrand. Schon von weitem ist das intensive rote Leuchten der Blätter zu sehen. „Der Rotahorn ist wirklich ein Highlight mit seiner manchmal auch tief orangefarbenen Laubfärbung“, sagt Kropla sichtlich begeistert. Im Harz, wo sonst eher dunkle Fichten wachsen, bietet der sogenannte WeltWald Harz bei Bad Grund ungewohnte Abwechslung. Und so können Besucher in diesen Wochen ein Stück vom Indian Summer erleben, eine bunte Farbpalette an Laubbäumen aus aller Welt.

Ausgerechnet ein Sturm schuf vor 50 Jahren die Fläche für den WeltWald. Auf 65 Hektar wachsen inzwischen mehr als 600 Bäume und Sträucher aus Regionen wie Westamerika, Ostamerika, Kanada oder Asien. Angepflanzt wurde der Wald aber auch für wissenschaftliche Zwecke, erklärt Kropla, der inzwischen eines der roten Blätter zwischen seine Hände genommen hat. „Zunächst wollte man forstwirtschaftlich untersuchen, wie sich die Baumarten am Harzrand entwickeln, bis heute spielen aber auch Fragen des Klimawandels eine Rolle.“ In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge etwa 100 dieser sogenannten geografischen Arboreten.

Im WeltWald ist eigens ein Herbstlaubweg über vier Kilometer lang ausgeschildert, auf dem Kropla nun mit Rauhaardackel „Fiete“ an der Leine entlang wandert. Dabei sei es lohnenswert, nicht nur den Blick nach oben in die Baumwipfel zu richten, betont der Förster und deutet auf eine nahestehende Papierbirke aus dem nördlichen Amerika. Zwar leuchten auch deren Blätter im intensiven Gelb, der Name stammt aber von ihrer Rinde, die sich wie Papier vom Stamm abrollt. „Besucher sollten sich Zeit nehmen, denn egal, wo man stehenbleibt, es gibt immer etwas zu entdecken.“

Nicht nur die bunten Blätter stimmen auf den Herbst ein. Der Förster, der seit fünf Jahren für den WeltWald zuständig ist, biegt auf einen Seitenweg ab, der vor allem von den riesigen Mammutbäumen aus dem westlichen Amerika gesäumt wird. Die Nadelbäume, die bis zu 60 Meter hoch wachsen, verdunkeln den Weg für einen Moment, bevor auch hier die roten Laubbäume scheinbar noch intensiver hervorleuchten. Dabei ist das Geräusch von Kroplas Schritten durch den weichen Nadelteppich nicht mehr zu hören.

Für den Harz, wo nach und nach die durch Borkenkäfer und andere Schädlinge angegriffene Fichte durch einen Bergmischwald ergänzt werden soll, eignet sich dieser Baum nicht, erklärt Kropla. Zwar lässt die dicke, weiche Rinde der imposanten Giganten keine Schädlinge durch: Doch - anders als in Nordamerika, wo Brände den Waldboden von den Nadeln befreien - erreichen hier die in den runden Tannenzapfen versteckten Samen nicht den Erdboden. Jeder Baum müsste also eigens angepflanzt werden.

Ein paar Meter weiter gibt es wieder einen anderen Nadelbaum, die Küstentanne. Kropla bleibt stehen, nimmt ein paar Zweige und reibt sie zwischen den Händen. Ein intensiver Geruch stimmt fast schon auf die Weihnachtszeit ein. Ähnlich kräftig riecht das Baumharz, das Kropla auf ein Blatt streicht. Vom Abpflücken der Blätter oder Zweige sollten Besucher zum Schutz der Pflanzen absehen, betont der Förster. „Wer etwas von der bunten Vielfalt mit nach Hause nehmen möchte, findet auf dem Boden ausreichend Schätze.“

Der WeltWald sei zu jeder Jahreszeit ein Erlebnis, wirbt der 33-jährige Förster für sein Gebiet, während er vorsichtig einer Raupe vor seinen Füßen mithilfe eines Blattes an den Wegrand hilft. Im Frühjahr blühten viele andere Pflanzen, wie die zahlreichen Rhododendren oder die japanische Kirsche. Der Rot-Ahorn habe sogar gleich zweimal im Jahr einen glanzvollen Auftritt: „Im Herbst ist er meist intensiv rot und im Frühling entwickelt er einen leichten roten Schimmer, weil die Knospen rot sind und auch die feinen, dezenten Blüten.“

Von Charlotte Morgenthal (epd)