
Kinder wuseln auf dem CVJM-Gelände Forchenwald in Rutesheim (Landkreis Böblingen) umher, Eltern unterhalten sich, bis ein Signal ertönt und die «Kirche Kunterbunt» beginnt - mit Bewegungsliedern und einem Theaterstück. Eine bunt gemischte Gruppe von etwa 150 Leuten sitzt auf Bierbänken und schaut zu, wie die Schauspieler ihren gelähmten Freund zu Jesus bringen. Der «Gelähmte» wird an einem Klettergurt nach oben gezogen und anschließend von Jesus «geheilt».
Eine «Kirche Kunterbunt» dauert rund drei Stunden und findet alle vier bis sechs Wochen regelmäßig statt. Sie setzt sich aus verschiedenen Phasen zusammen: der Willkommens-Zeit, der Feier-Zeit und der Aktiv-Zeit mit bunten Stationen zum Spielen, Basteln und Forschen. Inspiriert ist der Name von der Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf. Das besondere Format, das sich bewusst nicht nur an Kinder, sondern an die gesamte Familie wendet, geht auf: «Kirche Kunterbunt» kommt vom Konzept der «messy church» in Großbritannien. 2019 wurde sie in Deutschland gegründet und ist mittlerweile eine ökumenische Bewegung im deutschsprachigen Raum mit insgesamt rund 375 Kirche Kunterbunt-Initiativen, darunter 75 in Württemberg.
Dieses Mal steht die Rutesheimer «Kirche Kunterbunt» unter dem Thema Freundschaft. Bei den Spielstationen, die die biblische Geschichte vertiefen, ist für jeden Geschmack etwas dabei: Es gibt Freundschaftstattoos und Freundschaftsbänder zum Selbermachen, ein Kekshaus und ein Leiterspiel können gebastelt werden. Kinder, die es aktiv mögen, transportieren ihre Freunde auf einer Decke über die Wiese, stapeln gemeinsam Getränkekisten oder lassen sich an einer Seilwinde und in Kletterausrüstung meterhoch nach oben ziehen.
Die Kirche Kunterbunt in Rutesheim gehört zu einer der Ersten in Württemberg, die Sara Bardoll ehrenamtlich, gemeinsam mit einem Team, begonnen hat. Inzwischen ist sie im Evangelischen Jugendwerk Württemberg als Landesreferentin für Kirche Kunterbunt angestellt. «Mich persönlich begeistert an Kirche Kunterbunt am meisten, dass Kreativität und Glaube zusammenkommen», sagt Bardoll. Derzeit gebe es ein großes Interesse für dieses Format, was unter anderem daran liege, dass Kirche Kunterbunt auf Bedürfnisse von Familien eingehe und eine unkonventionelle Begegnung mit Kirche und Glaube anbiete.
«Frech, wild und wundervoll» lautet das Motto der Kirche Kunterbunt, das sich übrigens leicht nachmachen lässt: Auf der Homepage der Initiative gibt es Ansprechpersonen in unterschiedlichen Regionen und Kirchen, kreative Entwürfe für die Durchführung und Schulungsmaterialien.
Nach den Spielstationen folgen in Rutesheim noch zwei Lieder und ein interaktiver «Freundschaftssegen». Jedes Mal steht auch ein gemeinsames Abendessen auf dem Programm, dieses Mal Nudeln für alle. Ein Konzept, das für Mitarbeiterin Katharina Voltmann passt, die vor vielen Jahren als junge Mutter ein kirchliches Angebot für sich und ihren Sohn suchte und nun bereits seit längerer Zeit sich bei «Kirche Kunterbunt» engagiert. Für sie ist es schön, auf diese Weise an die Kirchengemeinde angedockt zu sein. Ihr Sohn ist im Teenageralter und eigentlich zu groß für die «Kirche Kunterbunt». Doch auch er möchte weiterhin Teil der Gemeinschaft sein. Nun eben nicht mehr als Teilnehmer, sondern indem er die Technik betreut.