Bundesarbeitsgericht erleichtert Klagen für Lohngleichheit
Erfurt (epd).

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat Klagen auf gleiche Entlohnung von Männern und Frauen bei gleicher Arbeit erleichtert. Rügt eine Arbeitnehmerin eine zu niedrige Bezahlung aufgrund ihres weiblichen Geschlechts, reicht es für diese Vermutung und einen möglichen Lohnnachschlag aus, dass sie einzelne, besser verdienende vergleichbare männliche Kollegen benennt, urteilten am Donnerstag die Erfurter Richter im Fall einer beim Daimler-Konzern beschäftigten weiblichen Führungskraft. (AZR: 8 AZR 300/24) Der Arbeitgeber könne diese Vermutung aber auch widerlegen, etwa indem er für die unterschiedliche Entlohnung gute Gründe anführt.

Hintergrund des Rechtsstreits ist das Entgelttransparenzgesetz. Danach haben Arbeitnehmerinnen in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitenden einen individuellen Auskunftsanspruch über das Entgelt vergleichbarer männlicher Kollegen.

Im Streitfall ging es um eine seit 30 Jahren bei der Daimler AG und der Daimler Truck AG zuletzt als Abteilungsleiterin beschäftigte Frau. Als sie aus ihrer Elternzeit zurückkehrte, stellte sie fest, dass ihr Monatsgehalt deutlich geringer als das vergleichbarer männlicher Kollegen war. Dabei hatte sie sich auf ein von Daimler im Intranet bereitgestelltes „Lohntransparenz-Dashboard“ gestützt. Dort konnte sie die Einkommen einiger männlicher Kollegen mit ihrem vergleichen. Sie klagte mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte auf Bezahlung der Lohndifferenz.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg gab der Klägerin nur hinsichtlich einzelner Vergütungsbestandteile recht. Daimler solle der Klägerin bei diesen die Lohndifferenz zwischen dem Median der weiblichen Beschäftigten und dem Median der männlichen Beschäftigten zahlen. Der Median bildet nicht den Durchschnitt der Vergütung ab, sondern ist genau der Wert in der Mitte; die eine Hälfte der männlichen Kollegen verdient mehr, die andere Hälfte weniger. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die BAG- und die EuGH-Rechtsprechung. Es müsse ausreichen, dass die Lohndifferenz zu konkret benannten Kollegen aufgeführt wird, so ihre Begründung.

Das BAG gab ihr dem Grunde nach recht. Für eine Entgeltgleichheitsklage brauche es keine „überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung“, wie das LAG angenommen habe. Dem stehe EU-Recht entgegen. Für die Vermutung einer geschlechtsdiskriminierenden Entlohnung reiche es aus, wenn die „klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt“. Die Größe der männlichen Vergleichsgruppe und die Höhe des Medianentgelts seien hierfür ohne Bedeutung, so das Gericht.

Die Klägerin habe auch „hinreichende Tatsachen“ für die Vermutung einer „geschlechtsbedingten Entgeltbenachteiligung“ vorgetragen. Im konkreten Fall muss nun das LAG noch einmal prüfen, ob der Arbeitgeber für die unterschiedliche Entlohnung tatsächlich einen sachlichen Grund hatte. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zeigte sich mit dem Ausgang des Verfahrens zufrieden.