Bibelplakate mit Pep
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Ausstellung "Bibel meets Pop"
Ausstellung "Bibel meets Pop" schlägt Brücken in die Gegenwart
München (epd).

Er sitzt da ziemlich verloren, das Megaphon ist ihm zu Boden gerutscht und das Plakat, auf dem „There's no Planet B“ steht, hängt ihm schräg in der müden Hand. „Teenager mit Zukunftsängsten“ steht auf dem Plakat der Ausstellung „Bibel meets Pop“, das den Propheten Jeremia zeigt - gemalt 1844 vom französischen Historienmaler Horace Vernet, verfremdet 2023 von der Münchner Grafikerin Carolin Lintl. Biblische Figuren seien „wie Schablonen“, sagt sie. Offen für aktuelle Bezüge, für Themen, die Menschen heute nahe gehen: „Das schafft eine Brücke, um sich wieder mit ihnen auseinanderzusetzen.“

Carolin Lintl hat für die neueste Ausstellung des Evangelischen Presseverbands (EPV) die Bildsprache geschaffen. Zu 22 Personen der Bibel fand sie Motive, die zugleich, wie sie sagt, „irritierend und logisch“ sind: Ein plakatfüllendes Stück Seife steht für Pontius Pilatus' Versuch, sich von einem Unrecht die Hände reinzuwaschen. Ein Josef mit Fläschchen und Kind auf dem Arm illustriert das Uralt-Thema der Patchwork-Familie. Eine explodierende Papp-Puppe trägt den Titel „Würdest du einen Freund verraten?“ - und verweist via QR-Code auf ein Online-Erklärstück zum Jesus-Verräter Judas, das dessen Weg durch die Kunstgeschichte bis hin zu martialischen Bräuchen in manch südamerikanischen Ländern beschreibt.

Das ist die Stärke der Plakatschau, die sich leicht an jede Foyermauer oder Saalwand kleben lässt: Sie provoziert mit der Kombi aus moderner Bildsprache und knackigen Fragen zum Gespräch. Und sie bietet für jene, die mehr wissen wollen, zu jedem Motiv tiefergehende theologische oder geschichtliche Infos in Text, Film und Ton auf einer Homepage. QR-Codes weisen dabei den digitalen Pfad. Die Ausstellung schaffe, so Kuratorin Rieke Harmsen, für das - gern auch glaubensferne - Publikum einen ganz neuen Blick auf die Bibel. „Frech, bunt und kreativ verknüpft sie die biblischen Gestalten der Heiligen Schrift mit unserer heutigen Welt“, erklärt die Kunsthistorikerin, die die Online-Abteilung des EPV leitet.

So sieht es auch Alexander Brandl, Pfarrer in der Olympiakirche München. Dort im Ökumenischen Zentrum wird die Schau an diesem Sonntag (29. Juli) eröffnet. „In meiner Generation denken viele, die Bibel ist etwas für die Superfrommen“, sagt der 36-Jährige. Doch die Bibel sei kein Buch mit Glaubensregeln und alten Geschichten: „Sie ist über weite Strecken eine Zumutung, eine echte Provokation für unser Leben.“ Jeremia als Klimaaktivist, sein Propheten-Kollege Daniel als erster Veganer? „Wenn die Ausstellung verengte Sichtweisen auf die Bibel weitet und irritiert, finde ich das gut“, sagt Brandl.

Grafikerin Lintl wiederum zählt sich selbst zur Zielgruppe der Schau. „Ich kannte bei den biblischen Personen nur die Klassiker wie Maria und Josef“, sagt sie freimütig. Dass die Bibel mit der Richterin Deborah oder der von Männern begafften Susanna - vielleicht die erste #MeToo-Betroffene der Geschichte - so viele starke Frauengestalten präsentiere, habe sie überrascht. Insgesamt, sagt die Künstlerin, sei „jetzt ein guter Zeitpunkt, die Bibel zu entstauben“. (00/2556/27.07.2023)

Von Susanne Schröder