
Josephine Baker schwingt die Hüften, wirft die Beine in die Luft und zieht eine schielende Grimasse. Bekleidet ist sie lediglich mit einer Federboa um die Hüfte. Ihr Tanz in der Revue „La Folie du jour“, der in einem Filmausschnitt in der Bundeskunsthalle noch einmal zu sehen ist, wirkt selbst heute noch ungewöhnlich wild und mitreißend. Es waren diese freizügigen Auftritte, mit denen Josephine Baker (1906-1975) Mitte der 1920er Jahre in Paris berühmt wurde. Allen voran ihr Tanz im Bananenrock. Doch die Ausstellung in der Bundeskunsthalle porträtiert Baker nicht nur als Entertainerin, sondern vor allem als Kämpferin für Freiheit und gegen Rassismus.
Die Schau mit dem Titel „Josephine Baker. Freiheit - Gleichheit - Menschlichkeit“ präsentiert bis zum 24. September Filmausschnitte, Fotografien, Plakate, Zeichnungen und zahlreiche andere Dokumente aus Bakers Leben. Die gebürtige US-Amerikanerin, die später die französische Staatsbürgerschaft annahm, gilt als erster weiblicher Superstar mit afroamerikanischen Wurzeln. 2021 wurde mit ihr erstmals eine nicht in Frankreich Geborene ins Panthéon, die Ruhmeshalle der französischen Nation, aufgenommen.
Aufnahme ins Pariser Panthéon mit „Signalwirkung“
Noch vor wenigen Jahren hätte eine Ausstellung über eine Entertainerin, die mit einem Tanz im Bananenrock bekannt wurde, als rassistisch gegolten, sagt Co-Kuratorin und Baker-Biografin Mona Horncastle. Doch die Aufnahme Josephine Bakers ins Panthéon habe Signalwirkung gehabt. „Nachdem sie fast 100 Jahre für den Bananenrock bekannt war, rückt sie nun als Freiheitskämpferin in den Fokus.“
Josephine Baker wurde 1906 in einem armen Schwarzenviertel in St. Louis, Missouri, geboren. Nach einem frühen Karrierestart in den USA kam sie 1925 als Mitglied der Kompanie der „Revue Nègre“ nach Paris. Baker zeigt sich begeistert davon, dass sie hier, anders als in den USA, neben Weißen sitzen kann und im Restaurant als Schwarze bedient wird. Der Eiffelturm ähnele der Freiheitsstatue zwar überhaupt nicht, sagt sie. „Doch wen interessiert das schon? Was nützt es, die Statue zu haben, aber nicht die Freiheit?“
Ihr Erfolg in Paris rührt aber zunächst auch daher, dass die Revuen ein gängiges Afrika-Bild bedienen. Exotik und afrikanische Kunst inspirierte in den 20er Jahren auch die Avantgarde wie die Vertreter des Kubismus und Fauvismus. Man sieht sie in exotischen Kostümen, wie sie ihre großen, runden Augen komödiantisch rollt. Die Fotografin Dora Kallmus lichtet sie halb nackt mit Goldschmuck und einem hölzernen Elefanten ab.
Allerdings sei der frühe Erfolg auch die Initialzündung für Bakers Engagement gegen Rassismus gewesen, erklärt ihre Biographin Horncastle. Auf ihrer ersten Welttournee wird die Baker 1928, unter anderem in Berlin und Wien, sowohl gefeiert als auch immer wieder angefeindet. Dennoch war ihr Erfolg ungebrochen. In dem Kassenschlager „Zouzou“ ist sie als erste schwarze Hauptdarstellerin in einem Tonfilm an der Seite von Jean Gabin zu sehen.
In der Résistance gegen die NS-Besatzer
Im Zweiten Weltkrieg schließt sich Baker dem französischen Widerstand an. Sie schmuggelt mit unsichtbarer Tinte beschriebene Geheiminformationen in ihren Partituren ins Ausland. Eine Fotografie zeigt sie 1944 in der Uniform des Sous-Lieutenants. Für ihr Engagement in der Résistance wurden ihr sechs Verdienstorden verliehen. Als Entertainerin tritt sie vor französischen und US-Soldaten auf. Schon zu dieser Zeit besteht sie darauf, dass schwarze und weiße Soldaten gemeinsam im Publikum sitzen dürfen.
Nach dem Krieg intensiviert sie ihren Einsatz gegen Rassismus. Sie setzt in den USA als erste afroamerikanische Künstlerin die Aufhebung der Rassentrennung bei ihren Konzerten durch. Als Delegierte der Internationalen Vereinigung gegen Rassismus und Antisemitismus hält sie weltweit Vorträge. 1963 schließlich spricht sie neben Martin Luther King Junior beim „Walk in Washington“ der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. In den 50er Jahren adoptiert sie zusammen mit ihrem fünften Ehemann, Jo Bouillon, zwölf Kinder aus unterschiedlichen Kulturen, um zu demonstrieren, dass ein friedliches Zusammenleben unabhängig von Hautfarbe und Religion möglich ist. Heute ist Baker, die sexuelle Beziehungen zu beiden Geschlechtern hatte, auch eine Ikone der LGBTQ-Bewegung.
Die Ausstellung verdeutlicht, dass Baker nicht nur zu Lebzeiten Künstler inspirierte, etwa Paul Klee, Henri Matisse oder Alexander Calder. Immer wieder nahmen Sängerinnen sie zum Vorbild, wie Musikvideos von Grace Jones oder Diana Ross zeigen. Auch als Mode-Ikone hinterließ sie Spuren. Erst in diesem Frühjahr stellte Dior eine von Baker inspirierte Kollektion vor.