„Heute ist wieder unser Wetterfachmann dabei“, kündigt der Moderator Chris Ludwig in dem kleinen Studio an. „So viel kann ich schon mal sagen, die nächsten Tage haben wir ein Wetter für die Couch“, beginnt Martin Schad seine Wetter-Prognose. Der junge Mann sitzt im Rollstuhl und kann weder lesen noch schreiben. Er gehört zum Team des Radiosenders „Antenne Bethel“ der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld. Der wohl bundesweit einzigartige integrative Sender feiert am 4. November sein 25-jähriges Bestehen.
„Antenne Bethel ist mein Leben“, erzählt die 65 Jahre alte Angelika Schneider, die als „Urgestein“ des Senders gilt. Sie war sogar schon bei dem Vorgängerprojekt des Krankenhausrundfunks in Bethel dabei. „Ich mache gerne Reportagen, weil man da die Leute so ausfragen kann“, verrät sie in einem Film zum Jubiläum, der sie bei einer Reportage der Bethel-Einrichtung „Brockensammlung“ begleitet. Schneider schätzt das Miteinander in dem Team, das mittlerweile bis zu 30 Ehrenamtliche zählt.
Auf der von der Landesmedienanstalt vergebenen Frequenz 94,3 Megahertz ist der Sender über das Bethel-Gelände hinaus auch in den Bielefelder Stadtteilen Gadderbaum und Eckhardtsheim zu hören. Seit der Corona-Pandemie gibt es das Programm auch als Web-Radio. Entstanden ist der Sender vor 25 Jahren aus dem „Krankenhausfunk“ Bethels, der noch über feste Leitungen ein sporadisches Programm in die Aufenthaltsräume der Krankenhäuser von Bethel und Umgebung lieferte.
Die Idee, ein tägliches Radioprogramm von Menschen mit und ohne Behinderungen zu produzieren, sei vor 25 Jahren fast wie ein Abenteuer erschienen, sagt Michael Veldkamp vom Leitungsteam. Inzwischen sendet „Antenne Bethel“ jeden Tag ein 24-Stunden-Programm mit einem täglich aktuellen einstündigen Magazin, Gottesdienstübertragungen und viel Musik.
Das ganze Projekt stützt sich fast ausschließlich auf ehrenamtliches Engagement. Bethel bietet dem Projekt die Räume und unterstützt es mit Teilnehmenden des freiwilligen sozialen „Betheljahres“. Die nötigsten Anschaffungen ermöglicht ein Trägerverein mit einem kleinen Budget. Doch die Unterstützung ist groß: Lokalsender wie „Radio Bielefeld“ spenden schon einmal ein Mischpult. Und der WDR schickt seine Volontäre regelmäßig für eine Woche zu „Antenne Bethel“.
Berichtet wird nach dem Motto „alles aus Bethel, über Bethel oder was Bethel betrifft“, erklärt Bethel-Sprecher Johann Vollmer. Der Sender berichtet von den „Bethel-Athletics“, von Kulturveranstaltungen oder von Besuchen Prominenter in Bethel. Ebenso werden Gottesdienste und Konzerte aus Bethel übertragen.
Zielsetzung des Senders ist es, die Beteiligung aller zu ermöglichen. „Gemeinsam gestalten wir das Programm unseres Senders auf Augenhöhe und ehrenamtlich“, heißt es in der Selbstdarstellung des Senders in einer Ausstellung zum Jubiläum, die bis 6. November in der Historischen Sammlung Bethel zu sehen ist. „Unser Leitspruch ist dabei einer von Vater Bodelschwingh selbst: 'Jeder nach seinen Fähigkeiten.'“ Auch für Menschen in Bethel, die nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können, ist die Berichterstattung eine Möglichkeit der Teilhabe.
Für die Leitung des diakonischen Unternehmens Bethel ist der Sender ein Modellprojekt für ein funktionierendes Zusammenleben in der Gesellschaft. „Hier gelingt das Miteinander ganz selbstverständlich, das gemeinsame Interesse am Radio verbindet ganz unterschiedliche Menschen“, erklärte Bethel-Chef Ulrich Pohl zu einem früheren Jubiläum.
Auch Chris Ludwig, der seit 2023 dabei ist, hebt die Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Behinderungen hervor: „'Antenne Bethel zeigt jeden Tag, dass das Miteinander funktioniert.“