
Über Demenz sind schon viele Bücher geschrieben worden, darunter kluge und weniger kluge, weitsichtige und kurzsichtige. Auch Uli Zeller schreibt über diese Krankheit, die sich im allmählichen Schwinden des Gedächtnisses und dem Schwinden der geistigen Fähigkeiten zeigt. Der gelernte Krankenpfleger aus Tengen im Kreis Konstanz schreibt nicht über demente Menschen, sondern für sie. Zeller, 46 Jahre alt, spricht mit den Vergesslichen und Vergessenen - nicht über sie.
Der evangelische Christ arbeitet in einem AWO-Altenheim in Singen am Hohentwiel. Früher wirbelte er noch an vorderster Front - in der Pflege. Dann bildete er sich weiter, studierte Theologie und erwarb einen akademischen Abschluss. Der Titel seiner Masterarbeit: «Demenz und Seelsorge». Nun wirkt er als Seelsorger und Betreuer in seinem vertrauten Altenheim. Zeller sagt: «Pflege ist sehr anstrengend, vor allem zwischen 6 und 9 Uhr morgens. Da sollte alles auf einmal erledigt werden.» Diese Arbeit kennt und schätzt er, doch war für ihn die Zeit reif für einen Wechsel innerhalb des Hauses.
Demenz und Seelsorge - das könnte auch als Motto über seinem Alltag stehen. Es dürfte wenige Menschen geben, die diese Grauzone so tief ausloten. Zeller taucht mit seinen guten Gedanken und Kurzgeschichten nicht nur an Weihnachten auf, sondern täglich. Er sieht sich damit auch persönlich bereichert und sagt: «Seelsorge bei Senioren ist auch immer Versöhnung mit der eigenen Biografie.»
Als praktischer Theologe geht er der Frage nach: Wo bleibt Gott, wenn die geistigen Kräfte eines Menschen schwinden? Wenn sogar die Namen der eigenen Kinder zum Rätsel werden? «Der Sinn für Religiöses ist nach wie vor da», ist sich Zeller sicher. «Ich weiß nicht, wie viel bei meinem Gegenüber noch ankommt, aber etwas ist noch da.»
Der Umgang mit dementen Menschen ist anstrengend. Am meisten für die Angehörigen, aber auch für die Pflegekräfte. Geduld ist deren größtes Kapital. Der Seelsorger Zeller sagt: «Es betrübt mich nicht, wenn Menschen etwas vergessen haben, was ich ihnen erst gestern vorgelesen habe.»
Damit fällt das entscheidende Stichwort: Zeller liest einfache Geschichten vor. Sein warmer Hegauer Dialekt (mit leichten Schweizer Anklängen) ist dafür ein ideales Medium. Da diese Kurzgeschichten nicht druckfrisch im Regal stehen, schreibt sie der 46-Jährige einfach selbst. Band um Band hat er mit seinen humorvollen Erzählungen herausgebracht. Schon deren Titel regen zum Schmunzeln an, zum Beispiel «Frau Krause macht Pause» oder «Applaus für Doktor Klaus».
Das Schreiben fällt Zeller leicht. Er hat eine Schreibschule absolviert, nachdem er bereits als Schüler erste Satiren angefertigt hatte, die freilich das Schicksal vieler Schreibarbeiten erlitten: Sie landeten in der Schublade. Inzwischen ist Uli Zeller ein höchst produktiver Autor, der sein Thema gefunden hat: Leichte Kost, einfache Sprache, Alltägliches. Auch für die heimische Zeitung «Südkurier» schreibt er regelmäßig Kolumnen, in denen er augenzwinkernd Rat erteilt.