Große Schöneberger Kirche wird klimaneutral warm
Alte Heizungen in Kirchen sind oft ein Problem - aber nicht immer
Berlin (epd).

Angenehm warm ist es an diesem Sonntagabend in der evangelischen Apostel-Paulus-Kirche in Berlin-Schöneberg. Die rund 1.000 Besucherinnen und Besucher des „Lebensmelodien“-Konzertes haben vielfach ihre Jacken ausgezogen, obwohl das Thermometer an diesem grauen November-Abend nur acht Grad Celsius Außentemperatur misst. Die zweitgrößte Kirche Berlins warm zu bekommen, frisst Unmengen von Heizenergie, sollte man meinen. Doch die Apostel-Paulus-Kirche im Schöneberger Akazienkiez nennt sich seit knapp zwei Jahren „die erste klimaneutrale Großkirche in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz“.

Wie geht das in einem Haus, das einen riesigen Innenraum für 1.200 Personen hat und mit etlichen Beschränkungen durch den Denkmalschutz leben muss? In einem Haus, wo weder auf dem Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert, noch die Gebäudehülle gedämmt werden kann? Die Lösung ist ein mit Biogas befeuertes Blockheizkraftwerk unter dem Altar. „Mit der Apostel-Paulus-Kirche sind wir für die gesamte Landeskirche zu einem Pilotprojekt geworden“, freut sich der Superintendent des Kirchenkreises Tempelhof-Schöneberg, Michael Raddatz.

Dabei hat ein Bericht auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Dresden gerade erst aufgezeigt, woran es noch hakt, wenn Kirche bis 2045 klimaneutral sein will. Drei Jahre nach der Verabschiedung einer Klimaschutzrichtlinie mit diesem Ziel wurden in Dresden erstmals Daten präsentiert, die veranschaulichen, welche Anstrengungen das bedeutet. Und die Daten zeigen: Die Kirche muss vor allem das Heizen ihrer Gebäude ändern.

Der Bericht schätzt, dass durch die Nutzung kirchlicher Gebäude pro Jahr knapp 520.000 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt werden, 83 Prozent davon durch die Beheizung, 17 durch die Art der Stromerzeugung. Bei der Schätzung handelt es sich um eine Hochrechnung, weil konkrete Daten nur aus 17 der 20 Landeskirchen vorliegen.

Um den Kohlendioxid-Ausstoß zu verringern, wird die Kirche vor allem andere Heizungen brauchen, wie aus dem Bericht hervorgeht. Demnach ist der Anteil fossiler Energie beim Beheizen kirchlicher Gebäude nämlich überdurchschnittlich hoch. Er liegt in den Landeskirchen bei 73 bis sogar noch 97 Prozent. Der gesamtdeutsche Durchschnitt liegt bei 65 Prozent. Der Bericht empfiehlt der Kirche, sich „umgehend“ daranzumachen, Heizungen zu tauschen.

„Wir haben gesagt, wir versuchen dieses Klimaschutzgesetz umzusetzen“, erinnert sich Pfarrerin Martina Steffen-Elis mit Blick auf einen Beschluss der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom Januar 2021. Fossile Energieträger sollten in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören. Dabei wurden in der Schöneberger Kirche alle möglichen Konzepte geprüft, wie der Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen, Geothermie, Photovoltaik, Solarthermie oder Fernwärme. Am Ende fiel die Entscheidung auf das Blockheizkraftwerk, das Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt.

Gespeist wird das Blockheizkraftwerk unter der Apostel-Paulus-Kirche aus Biomethan. Der Weg dorthin war keinesfalls einfach. Unter anderem musste ein Weg für den Abgasschacht durch das denkmalgeschützte Gebäude gefunden werden. Das machte Untersuchungen der Statik nötig, aber auch enge Absprachen mit den Denkmalschutzbehörden.

Und weil die Heizung zu Weihnachten 2023 laufen sollte, gab es am Ende auch ordentlich Zeitdruck. Doch am Ende gab es dann sogar Beifall im Gottesdienst: „Das ist eine Situation, die werde ich so schnell nicht vergessen“, erinnert sich Superintendent Raddatz. Für ihn geht es darum, bei allem auch an die nachfolgenden Generationen zu denken.

Dass sich das Blockheizkraft direkt unter dem Altar befindet, ist für ihn zudem ein besonderes Zeichen. An einem Ort befinde sich nun quasi, „was uns körperlich wärmt und was uns geistlich wärmt“. Und im Winter ist die Apostel-Paulus-Kirche inzwischen auch ganz offiziell ein Ort zum Aufwärmen - ein Ort im #wärmewinter.

Von Jens Büttner (epd)