Die Knickpflege in Schleswig-Holstein, die Gestaltung und Fertigung der Vorpommerschen Fischerteppiche und elf weitere Traditionen aus Brauchtum, Handwerk und darstellender Kunst finden Eingang in das Verzeichnis der Vereinten Nationen für das sogenannte immaterielle Kulturerbe. Das bundesweite Verzeichnis umfasst damit jetzt insgesamt 144 Formen gelebter Kultur in Deutschland, wie die deutsche Unesco-Kommission am Mittwoch in Bonn nach einer Entscheidung der Kultusministerkonferenz und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mitteilte.
Die im Zuge einer umfangreichen Agrarreform entstandenen Knicks prägen seit Jahrhunderten die schleswig-holsteinische Landschaft. Im Rahmen der sogenannten Knickpflege werden die Gebüschstreifen zur Feld- und Flurbegrenzung bis auf eine Handbreit über dem Boden abgesägt. Diese Pflege, die alle zehn bis 15 Jahre stattfindet, dient dem Erhalt des Ökosystems. Als „kleine Schwestern des Waldes“ bieten die Knicks vor allem Tieren geschützte Brutplätze.
Zu den weiteren Neueinträgen auf der Unesco-Liste zählt das Steigerlied, eine Hymne des Bergbaus. Ebenfalls neu auf der Liste befinden sich das Bad Dürrenberger Brunnenfest, Bau und Nutzung des Spreewaldkahns und das Englmarisuchen aus Niederbayern. Hip-Hop-Kultur in Heidelberg und ihre Vernetzung in Deutschland sowie die Handweberei und die Kindergartenidee nach Friedrich Fröbel als kulturelle Form frühkindlicher Erziehung und Bildung sind ebenfalls auf die Unesco-Liste gekommen.
Die Unesco unterstützt seit 20 Jahren die Weitergabe, die Dokumentation und den Erhalt lebendiger Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, Naturwissen, von Handwerkstechniken und mündlichen Überlieferungen. Deutschland gehört dem Unesco-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes seit zehn Jahren an. Das bundesweite Verzeichnis zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditionen und Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden. Über Aufnahmen in das Verzeichnis wird regelmäßig in einem mehrstufigen Verfahren entschieden. Einzelne Elemente aus den nationalen Verzeichnissen der Vertragsstaaten können für eine von drei internationalen Unesco-Listen vorgeschlagen werden.