"Äpfel sind Medizin vom Baum"
s:28:"Aepfel sind Medizin vom Baum";
Aepfel sind Medizin vom Baum
Warum Deutschlands mit Abstand wichtigstes Baumobst so gesund ist
Jork, Kr. Stade (epd).

Es ist eine englische Redewendung, die aber auch in Deutschland wohlbekannt ist: „An apple a day keeps the doctor away“ - was sinngemäß so viel heißt wie „Ein Apfel am Tag hält dir den Arzt vom Leib“. Nur ein Spruch? Und wie steht es überhaupt mit der Apfelernte in diesem Jahr, die gerade im vollen Gang ist? Allerhand Wissenswertes über ein Obst der Superlative, über die inneren Werte alter Sorten und neuer Züchtungen. Und was man alles mit Äpfeln machen kann.

Zunächst: Haben wir ein gutes Apfeljahr?

„Und wie, das fordert uns richtig heraus“, sagt der niedersächsische Apfelbauer und Pomologe Eckart Brandt aus Großenwörden am Rand des Alten Landes bei Hamburg, des größten zusammenhängenden Obstanbaugebietes in Nordeuropa. „Da sind uns schon große Äste aus der Krone unserer hochstämmigen Bäume gebrochen“, erklärt der Experte für alte Apfelsorten. Laut Statistischem Bundesamt erwarten die deutschen Obstbaubetriebe eine überdurchschnittliche Apfelernte von mehr als einer Million Tonnen, fast 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Grund für die positiven Erwartungen sind die milden Witterungsbedingungen zur Blütezeit sowie in den meisten Anbauregionen ausgebliebene Frost- und Hagelereignisse.

Äpfel sollen besonders gesund sein, stimmt das?

Absolut. „Äpfel können mit ihren Inhaltsstoffen punkten“, verdeutlicht Kristine Anschütz vom Obstbauzentrum Jork mitten im Alten Land. „Sie enthalten mehr als 30 Mineralstoffe und einen großen Vitamin-Cocktail, der für den Stoffwechsel von zentraler Bedeutung ist.“ Eckart Brandt nennt sie schlicht „Medizin vom Baum“. Die Gesundheitsexpertin und Autorin Antje Maly-Samiralow spricht von heimischem „Superfood“ und einem idealen Pausensnack. „So ein Äpfelchen passt noch in die kleinste Tasche“, schreibt sie in ihrem Buch „Die Apfel-Apotheke“.

Und wogegen hilft der Apfel?

Der hohe Pektin-Gehalt normalisiert die Verdauung, sagt Eckart Brandt und rät: „Bei akutem Durchfall täglich einen bis zwei Äpfel reiben und verzehren.“ Der Ballaststoff habe außerdem ein hohes Sättigungspotenzial. „Daher ist der Apfel ein Schlankmacher.“ Gerbstoffe wirkten entzündungshemmend im Darm, überdies stärkten Inhaltsstoffe das Herz und das Immunsystem, unterstützten bei Eisenmangel und senkten hohe Blutfettwerte. Dazu enthielten Äpfel jede Menge sekundäre Pflanzenstoffe, die der Gesundheit ebenfalls zuträglich seien. „Sie sitzen vor allem unter der Schale, die deshalb unbedingt mitgegessen werden sollte.“

Gibt es Unterschiede zwischen alten und neuen Sorten?

Eckhart Brandt rät zum Verzehr alter Sorten. Sie seien abwechslungsreicher, enthielten mehr Vitamine und mehr sekundäre Pflanzenstoffe. Allerdings seien sie nicht überall erhältlich. „Am ehesten noch auf Wochenmärkten, in traditionellen Bioläden und in Hofläden.“ Zu den alten Sorten, die vielerorts in Deutschland zu bekommen sind, zählen Brandt zufolge der Boskoop, die Goldparmäne und der Prinz Albrecht von Preußen.

Man müsse auf konventionell oder biologisch angebaute Äpfel aber nicht verzichten, schreibt Antje Maly-Samiralow. „Denn Äpfel sind per se gesund und nahrhaft. Das gilt selbstverständlich auch für Supermarkt-Äpfel.“ Außerdem könne der Markt gar nicht komplett mit alten Züchtungen versorgt werden, dafür gebe es schlicht und ergreifend gar nicht genügend Streuobstwiesen und Obstgärten mit diesen Sorten. „Kurzum: Jeder Apfel ist besser als kein Apfel.“

Was wird denn hauptsächlich angebaut?

„Die Hauptsorte im Alten Land ist der Elstar, gefolgt von Jonagold und dem Wellant“, weiß Claus Schliecker, selbst Obstbauer und Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen. Äpfel werden den Statistikern zufolge 2025 bundesweit auf einer Fläche von 32.700 Hektar erzeugt und bleiben das mit Abstand am meisten geerntete Baumobst in Deutschland. Neben dem Alten Land liegt die bedeutendste Anbauregion in Baden-Württemberg am Bodensee.

Müssen Allergiker auf Äpfel verzichten?

Für Allergiker kann der Verzehr von Äpfeln unter anderem durch Juckreiz, Anschwellen der Schleimhäute, Brennen und Niesen zur Qual werden. Alte Apfelsorten werden aber oft problemlos vertragen, heißt es auf der Internetseite des Bundes für Umwelt- und Naturschutz in Lemgo, der unter www.bund-lemgo.de/apfelallergie.html diverse Informationen zum Thema zusammengestellt hat. Dort kann auch eine Lieferantenliste angefordert werden mit bundesweiten Anbietern alter Apfelsorten (kontakt@bund-lemgo.de). Im konventionellen Obstanbau gibt es Sorten wie Santana, Wellant und laut Schliecker die Neuzüchtung Pompur, die gut vertragen werden.

Und was lässt sich mit Äpfeln alles machen?

Suppen, Vorspeisen, Salate, Desserts, natürlich Kuchen, aber auch Saucen und Konfitüren: Äpfel sind in der Küche vielfältig verwendbar, als Zutat und als Hauptgericht. Dazu gibt es massenhaft Rezepte in Büchern und im Netz. Wer eigene Bäume hat, kann die Früchte auch mosten lassen, was aufgrund der üppigen Ernte in diesem Jahr sehr beliebt ist. Das Telefon laufe gerade heiß, was entsprechende Termine angehe, sagt beispielsweise Ferdinand Scholz von der Mosterei „Fabelsaft“ in Worpswede bei Bremen.

Von Dieter Sell (epd)