
Auf dem Weg zu einer 100-prozentig inklusiven Kita-Landschaft in Deutschland darf das System aus Sicht des Kita-Fachverbandes der Diakonie nicht überfordert werden. „Dass alle Kinder überall sein können, egal welchen Förderbedarf sie haben, ist derzeit offen gestanden unrealistisch“, warnte der Bremer Vorstandschef der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder, Carsten Schlepper, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
„Für bestimmte Kinder brauchen wir spezifische Hilfen, die wir derzeit nicht überall anbieten können, dafür fehlen die Ressourcen“, sagte Schlepper, der auch den Landesverband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder in Bremen leitet. „Wir brauchen weiterhin Kompetenzzentren, in denen eine komplexe Frühförderung umgesetzt werden kann.“
Schlepper äußerte sich aufgrund des Plans der Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe einzurichten. Mit diesem Ziel hat Bundesjugendministerin Lisa Paus (Grüne) vor knapp einem Jahr einen Beteiligungsprozess gestartet. Am Ende sollen alle Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe gebündelt werden.
„Solange im System Finanzen fehlen, sind wir eher vorsichtig mit der Forderung, dass es eine komplett inklusive Kinder- und Jugendhilfe in jeder Kindertagesstätte geben muss“, unterstrich Schlepper: „Mit den derzeit bereitgestellten Mitteln ist es momentan nicht darstellbar, dass jede Kita mit der gebotenen fachlichen Qualität ein inklusives Angebot für den Unterstützungs- und Förderbedarf für alle Kinder vorhalten kann.“
So sei über einen Zeitraum von zehn Jahren die Personalausstattung nicht an die steigende Zahl von Kindern mit Behinderung in der Kindertagesbetreuung angepasst worden, sagte Schlepper mit Blick auf ein Beispiel aus Bremen. „Gleichzeitig bietet die Struktur von Kitas mit einer Schwerpunktausstattung eine flächendeckende Versorgung in allen Stadtteilen Bremens. Damit können wir jedem Kind ein wohnortnahes Angebot machen, das den individuellen Bedarf berücksichtigt.“ Ergänzt werde dies durch mobile Hilfen für andere Kita-Standorte.
„Die Struktur ist nicht vollständig inklusiv - aber der Weg dorthin“, betonte Schlepper. Die evangelischen Kitas in Bremen engagieren sich seit 40 Jahren für eine gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Einschränkungen und waren auf diesem Gebiet lange bundesweit Vorreiter. Zur Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder gehören in ganz Deutschland 9.800 Einrichtungen, in denen eigenen Angaben zufolge mehr als 115.000 Beschäftigte für 585.000 Kinder im Alter von bis zu zwölf Jahren tätig sind.