Okay, aber nicht cool. Das Tween-Videoformat "WozNiu”

epd Es ist nicht leicht, zwischen 10 und 13 Jahre alt zu sein. „Tween“ nennt man das Alter im Englischen, eine Kurzform von „Between“, also „Dazwischen“, die aber nicht ohne Grund auch an „Teen“ erinnert. Denn 10- bis 13-Jährige stehen mit den Füßen doch noch relativ deutlich in der Kindheit - am Anfang der Zeitspanne verlassen sie in den meisten Bundesländern gerade die Grundschule -, mit den Armen aber strecken sie sich bereits in Richtung Jugend.

Medien für Tweens zu gestalten, ist also auch nicht einfach. Die Zielgruppe hat die Zeit der reinen Fantasiewelten verlassen. Sie nimmt Popkultur und mediale Ereignisse wahr, muss sich aber noch nicht ständig erwachsen geben und darf kindliche Dinge auch einfach noch gut finden. Gleichzeitig entwickeln sich gerade in dieser Altersstufe die Bedürfnisse in sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit. Während der eine noch versunken mit Lego auf dem Kinderzimmerboden sitzt, beginnt die andere bereits damit, ihre Marke auf Tiktok zu kultivieren.

Als Kritiker ist es daher schwierig, diese Medien zu beurteilen. Ich kann mich erinnern, dass ich in diesem Alter für alles empfänglich war, was mir einen Blick auf die größere Welt versprach, ohne dabei den Spaß zu vergessen. Die Zeitschrift „Limit“ etwa, die Disney-Comics mit Berichten über Popkultur und Extremsportarten verband. Oder die leider kurzlebige ZDF-Sendung „X-Base“, die Games, Musik und Trendberichte aus dem sich gerade entwickelnden Internet kombinierte.

Das qualifiziert mich aber nur mäßig, ein sinnvolles Urteil über „WozNiu“ abzugeben. Das neue Youtube-Format des MDR präsentiert laut Sender „kurz und knackig verpackte News“. Es trägt die Laute von „What’s New?“ im Namen, ist aber bei genauem Hinsehen eher ein Erklärungs- und Ratgeberformat. Als Hosts für die zwei- bis fünfminütigen Clips dienen zwei animierte Roboter: Motu, mit humanoider Figur, besitzt eine durch den Vocoder gejagte männliche Stimme und ist eher für Emotionen zuständig. Quinn ist ein fliegender Ovoid, weiß viel und seine Computerstimme klingt weiblich.

In sich sanft neckenden Dialogen und herumschwirrenden Bildern äußern sich die zwei zu Fragen des Zeitgeschehens, die auch die Lebenswelt ihrer Zielgruppe betreffen. Welche Trends beherrschen gerade das Internet? Warum schimpfen alle über die Weltmeisterschaft in Katar? Aber auch: Auf welche Warnsignale solltest du in Gaming-Chats achten? Und: Lea Meier ist 14 und Motorradrennfahrerin.

Klingt wie die Version von „Limit“ oder „X-Base“ (damals übrigens ebenfalls mit virtuellem Moderator) für das Jahr 2022: Infos aus der Welt der etwas Älteren, unterhaltsam und behutsam verpackt. Aber finden die Tweens von heute das gut? Oder denken sie beim Ansehen nur „OMG! Cringe!“? Da ich mich selbst außerstande sah, das alleine zu beurteilen, habe ich die Kinder von Freunden um Urteile gebeten.

Die einhellige Meinung aus der zugegeben nicht repräsentativen Fokusgruppe: „WozNiu“ ist ganz okay. „Meine Lieblingssendung wird es nicht“, lässt mir eine Zehnjährige mitteilen. Ein Elfjähriger sagt, es sei: „Okay, aber nicht cool.“ Eine Zwölfjährige meint, es wäre sicher nicht nur für Jugendliche, sondern „für alle“. Einem 13-Jährigen ist der Look zu kindlich, aber die Infos findet er in Ordnung. Niemand würde es sofort ausmachen, aber wahrscheinlich würde es auch keiner aktiv aufsuchen.

Vielleicht passt „WozNiu“ damit genau in die Zeit der algorithmisch kuratierten Feeds. Dort müssen erfolgreiche Formate nicht mehr gefunden werden, sondern finden einen im besten Fall selbst. Es geht vor allem darum, nicht sofort weitergeswipt zu werden. Damit hätte „WozNiu“ vom MDR seine Mission ja schon erfüllt.

Aus epd medien 5/23 vom 3. Februar 2023

Alexander Matzkeit