Die Radioprogramme in der Schweiz können noch bis Ende 2026 über UKW verbreitet werden. Wie das Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom) mitteilte, beschloss der Bundesrat in seiner Sitzung am 25. Oktober, die 2024 auslaufenden UKW-Funkkonzessionen um zwei Jahre zu verlängern. Damit erhalte die Radiobranche „die gewünschte Flexibilität, um den Migrationsprozess vom analogen zum digitalen Radio erfolgreich abzuschließen“.
Die Schweizer Radioveranstalter und das Bakom hatten 2014 in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe entschieden, dass spätestens 2024 der Ausstieg aus der UKW-Verbreitung erfolgen soll. Der Bundesrat schuf im Oktober 2017 den rechtlichen Rahmen dafür (epd 37/19). In der Schweiz überstieg die digitale Radionutzung bereits 2016 die UKW-Nutzung (epd 36/16). 2020 hatte die Radiobranche noch einen Plan präsentiert, nach dem der UKW-Ausstieg bereits 2023 erfolgen sollte (epd 37/20).
Im Juli hatte Medienminister Albert Rösti (SVP) beantragt, die Konzessionen „letztmalig“ zu verlängern. Nun hat der Bundesrat nach Angaben des Bakom die Verordnung über die Nutzung des Funkfrequenzspektrums angepasst und damit ermöglicht, dass die UKW-Konzessionen bis Ende 2026 gültig bleiben. Die Radioveranstalter können die analoge Radioverbreitung auch früher einstellen. Sie sind seit 2020 nicht mehr verpflichtet, ihre Programme über UKW zu verbreiten. Es handele sich um eine „letztmalige Verlängerung“, teilte das Bakom mit.
Die Radionutzung in der Schweiz findet nach Angaben des Bakom bereits zu 81 Prozent digital über DABplus und Internet statt. Im Frühjahr habe sich die UKW-Nutzung auf 19 Prozent reduziert. Nur noch acht Prozent des Publikums höre Radio ausschließlich über UKW.
Wie der Schweizer Medienfachdienst „persoenlich.com“ berichtete, sind die Schweizer Privatsender uneins in der Frage, ob die UKW-Abschaltung sinnvoll ist. Die im Verband Unikom (Union nicht gewinnorieintierter Lokalradios) organisierten Digitalradios drängten darauf, UKW wie ursprünglich geplant 2024 abzuschalten, während die im Verband Schweizer Privatradios (VSP) organisierten Sender keine einheitliche Meinung verträten.
Thomas Gilgen, Vorstandsmitglied von Unikom, warf dem Bundesrat „Klientelpolitik durch die Hintertür“ vor. „Ein Kompromiss wäre eine Ausschreibung der UKW-Frequenzen oder ein finanzieller Ausgleich für die DAB-Radios gewesen“, sagte er „persoenlich.com“. Der Präsident des VSP, Jürg Bachmann, sagte dem Fachdienst, er denke, UKW hätte Ende 2024 „ohne großen Schaden“ abgeschaltet werden können. Es gebe aber Radios, die das anders sähen. Klar sei jedoch, dass es für kein Radio, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, auf die Dauer sinnvoll und tragbar sei, drei Verbreitungstechnologien zu bedienen.
Mehr als 40 in der Interessengemeinschaft Radiovielfalt zusammengeschlossene Radios hatten sich im Mai gegen eine Verlängerung der UKW-Konzessionen ausgesprochen. In einem Brief an Bundesrat Rösti schrieben sie, sie hätten ihr Geschäftsmodell auf die Abschaltung von UKW im Jahr 2024 ausgerichtet. Sie verwiesen darauf, dass der Bund die digitale Migration mit 73 Millionen Franken (76 Millionen Euro) gefördert habe.
Aus epd medien 44/23 vom 03. November 2023