ORF soll 300 Millionen Euro in vier Jahren sparen
Radio-Symphonieorchester droht Aus - Sport Plus soll zu ORF1 und ins Digitale
Wien (epd).

Der ORF soll bis 2026 insgesamt 300 Millionen Euro einsparen. Es seien unterschiedliche Maßnahmen notwendig, vom Personal bis hin zu den Sachkosten, sagte Generaldirektor Roland Weißmann am 20. Februar bei der Vorstellung der Sparpläne vor dem Sonderfinanzausschuss der Rundfunkanstalt, wie der ORF in eigener Sache auf „orf.at“ berichtete. Wo genau eingespart werde, solle in einem Prozess erarbeitet werden. Ein Beschluss des ORF-Stiftungsrates steht noch aus, dieser tritt am 23. März das nächste Mal zusammen.

Auf dem Prüfstand stehen nach den Worten des Generaldirektors Angebote, die nicht vom öffentlich-rechtlichen Auftrag umfasst sind und im ORF-Gesetz den Zusatz „nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit“ haben. Dazu zählten etwa das Radio-Symphonieorchester (RSO) und der Sport-Spartenkanal ORF Sport Plus. Der Breitensport solle mehr Stellenwert durch eine Verlagerung auf ORF1 erhalten. Das Angebot von Sport Plus soll nach der geplanten Digitalnovelle als digitales Angebot weiter betrieben werden. Der Sender ORF3 stehe nicht zur Disposition, sagte Weißmann.

In der Gebührenperiode 2022 bis 2026 werde es nicht mehr möglich sein, die Teuerung zu stemmen, sagte der Generaldirektor. Das Programmportfolio in TV, Radio und Online werde es im Großen und Ganzen weiter geben wie bisher, die Produktpalette werde sogar noch ausgebaut.

Die acht österreichischen Landesorchester reagierten am 28. Februar in einer gemeinsamen Stellungnahme schockiert auf das mögliche Aus für das RSO. Eine Abschaffung des Orchesters wäre ein „fataler Verlust“ für Österreichs weltweite Reputation als Musikland, erklärten die Orchester. Seit 50 Jahren spanne das RSO Wien „einen Repertoirebogen von der Klassik über Meisterwerke der Moderne von Schönberg bis Boulez bis zu zeitgenössischer Musik mit ungezählten Ur- und Erstaufführungen“.

Weißmann hatte im vergangenen November vor einer der „größten Finanzierungskrisen“ in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Medienhauses gewarnt, auch wegen stark gestiegener Energiekosten und der Inflation (epd 49/22). Ab 2024 könne auf Basis des bestehenden Finanzierungsmodells die Erfüllung der gesetzlichen Aufträge nicht mehr garantiert werden, führte er in einem Schreiben an den ORF-Stiftungsrat und die ORF-Belegschaft aus.

Hintergrund ist eine Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, der die sogenannte Streaminglücke - das Streamen von ORF-Programm, ohne dafür Programmentgelt zu bezahlen - auf Antrag des ORF als verfassungswidrig bewertet hatte (epd 35/22). Eine Neuregelung der ORF-Finanzierung muss bis Ende 2023 erfolgen. Das derzeit von der Gebühren Info Service GmbH (GIS) eingezogene Entgelt könnte auf weitere Geräte wie Laptops erweitert werden, möglich sind aber auch die Einführung einer Haushaltsabgabe oder eine Finanzierung des ORF aus dem Bundeshaushalt.

Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) hatte wiederholt auf einen „harten Sparkurs“ für den ORF gepocht. Sie kündigte an, dass die vom ORF seit Jahren geforderte Digitalnovelle so rasch wie möglich umgesetzt werden solle. Die Rundfunkanstalt soll dadurch mehr Möglichkeiten im digitalen Raum bekommen. ORF-Generaldirektor Weißmann äußerte die Hoffnung, es könne nun eine nachhaltige Finanzierung geben und gleichzeitig die Digitalnovelle.

Laut Finanzplan erwartet der ORF im Jahr 2023 ein ausgeglichenes Ergebnis von 300.000 Euro (epd 49/22). Die Umsatzerlöse werden mit 1,02 Milliarden Euro geplant, die Erlöse aus dem Programmentgelt sind mit 676,2 Millionen Euro kalkuliert, die Werbeerlöse mit 217,8 Millionen Euro und die sonstigen Umsatzerlöse mit 130,7 Millionen Euro.

Aus epd medien 9/23 vom 3. März 2023

nbl/rid