Österreich: ORF wird ab 2024 durch Haushaltsabgabe finanziert
Ministerin Raab: Neuer Beitrag niedriger - "Streaminglücke" wird geschlossen
Wien (epd).

Die Finanzierung des Österreichischen Rundfunks (ORF) erfolgt künftig mittels einer Haushaltsabgabe. Die bisherige Gebührenfinanzierung wird zum Jahreswechsel abgeschafft, wie die schwarz-grüne Bundesregierung am 23. März in Wien bekannt gab. Nach Angaben von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) wird der neue „ORF-Beitrag“ rund 15 Euro pro Monat plus Landesabgaben ausmachen und damit alle für alle bisherigen Gebührenzahler etwa um 30 Prozent günstiger sein.

Eingezogen wird der „ORF-Beitrag“ pro Hauptwohnsitz, Nebenwohnsitze sind davon ausgenommen. 400.000 Haushalte, die bisher keine Zahlungen an die Gebühren Info Service GmbH (GIS) leisten, werden nach Raabs Abgaben neu den Beitrag zahlen. Hintergrund ist die vom Verfassungsgerichtshof vorgeschriebene Schließung der „Streaminglücke“. Bisher mussten Menschen, die Programme des ORF ausschließlich über das Internet hören oder sehen, kein Programmentgelt bezahlen (epd 35/22). Das Gericht hatte zum 1. Januar 2024 eine Neuregelung gefordert.

Wer bisher von der Gebühr befreit war, soll dies auch künftig bleiben. Erklärtes Ziel sei eine möglichst unbürokratische Umstellung, sagte Ministerin Raab laut einem ORF-Bericht: Wer bisher per Dauerauftrag bezahle, dem werde künftig weniger eingezogen. Die Länderabgabe werde auch in Zukunft im Rahmen des ORF-Beitrags eingezogen. „Die Länder haben die alleinige Kompetenz, diese einzuheben. Es gibt ja auch Bundesländer, die das nicht tun“, so Raab. Offen ist noch die genaue Höhe der Länderabgaben und damit des gesamten ORF-Beitrags.

Außerdem werde dem ORF eine Transparenzoffensive verordnet, hieß es. In Zukunft müssen nach Angaben Raabs etwa Gehälter, Nebenbeschäftigungen, Zulagen und detaillierte Angaben zu Werbung und Kooperationen offengelegt werden. Dem Bericht zufolge begrüßte Raab, dass sich der ORF einem Sparpaket im Umfang von 325 Millionen Euro unterziehen will. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hatte die Spaßmaßnahmen im Februar angekündigt (epd 9/23).

Nach Angaben von Sigrid Maurer, Klubobfrau des Grünen Parlamentsklubs, bekennt sich Bundesregierung zum Fortbestand der Inhalte des Spartensenders ORF Sport Plus sowie zu einem finanziell nachhaltig gesicherten Fortbestand des Radio-Symphonieorchesters Wien (RSO), das vom ORF unterhalten wird. Die genauen Lösungen dafür würden nun erarbeitet, sagte Maurer laut dem ORF-Bericht. Weißmann hatte angekündigt, sowohl das RSO als auch ORF Sport Plus auf den Prüfstand zu stellen.

Weißmann begrüßte am 23. März die Neuregelung der ORF-Finanzierung. „Ein ORF-Beitrag ist eine solidarische Lösung zur Finanzierung des ORF, der von 95 Prozent aller Menschen in Österreich genützt wird“, sagte er. „Wir sind uns der Erwartungen unseres Publikums bewusst und nehmen auch Kritik ernst. Den ORF-Beitrag sehen wir als Verpflichtung, noch stärker zu einem ORF für alle zu werden - mit mehr Programmangeboten für alle Menschen in Österreich.“

Kritik kam von den Oppositionsparteien. SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried sagte: „Wo bleibt eine sozial gerechte ORF-Finanzierung? Wo ist die soziale Staffelung?“ Es könne nicht sein, dass eine Studentin gleich viel zahle wie eine Villenbesitzerin. Die FPÖ sprach von „heißer Luft“ und bezeichnete die Einführung eines ORF-Beitrags als „Beleg für die Planlosigkeit und Überforderung der Medienministerin“. Die Haushaltsabgabe sei „nichts anderes als eine ORF-Zwangssteuer, mit der ÖVP und Grüne der ohnehin schon inflationsgeplagten Bevölkerung noch ungenierter in die Tasche greifen“, erklärte FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker.

Henrike Brandstötter von der liberalen Partei Neos kritisierte, die Regierung habe keine Reform und keine Entpolitisierung geliefert, sondern lediglich eine andere Art der Finanzierung. „Nur die Haushaltsabgabe einzuführen und dem ORF einen Sparkurs zu verordnen reicht nicht aus, um den ORF endlich ins 21. Jahrhundert zu holen.“

Aus epd medien Nr. 14/15 vom 7. April 2023

rid