"Washington Post" entlässt ein Zehntel des Personals
Geschäftsleitung beklagt fehlendes Wachstum - Gewerkschaft kritisiert Management
Washington (epd).

Die US-amerikanische Tageszeitung „Washington Post“, seit einem Jahrzehnt im Besitz von Amazon-Gründer Jeff Bezos, entlässt ein Zehntel des Personals. Wie die Zeitung in eigener Sache berichtete, teilte Interims-CEO Patty Stonesifer der Belegschaft am 10. Oktober mit, dass rund 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen müssen. Den Betroffenen soll der Job-Verlust mit „Buyouts“ erleichtert werden. Die Höhe der Abfindungen richtet sich nach der Länge der Beschäftigungszeit.

Wachstumszahlen seien nicht erreicht worden, sagte Stonesifer laut Zeitungsbericht. Die Zahl der digitalen Abos sei seit 2021 um 15 Prozent auf 2,5 Millionen gesunken und die Zahl der digitalen Nutzer um 28 Prozent. Die Konkurrenzzeitung „New York Times“ berichtete, dass die „Washington Post“ für das Geschäftsjahr 2023 einen Verlust in Höhe von 100 Millionen Dollar (rund 95 Millionen Euro) erwarte. Die „Times“ hat nach eigenen Angaben die Zahl digitaler Abos im Jahr 2022 um eine Million auf 9,6 Millionen erhöht.

Stonesifer habe die Probleme mit weniger Interesse in der Bevölkerung an politischen Themen erklärt. „Wir wussten, dass wir einige Leser mit Trump verlieren würden“, sagte er. Es sei nicht gelungen, diese Leser mit qualitativ hochwertigem Journalismus zu anderen Themen zu halten.

Die Gewerkschaft „Washington Post Guild“ kritisierte die Entlassungen. Es sei unverständlich, dass Beschäftigte ihre Jobs verlören „wegen schlechter Geschäftsentscheidungen an der Unternehmensspitze“. Die Entlassungen seien „besonders ungeheuerlich“, weil Reporterinnen und Reporter gegenwärtig über zwei Kriege berichteten, über Angriffe auf die amerikanische Demokratie und die Klimakrise. Man könne sich nicht vorstellen, wie die „Post“ ohne Investitionen in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konkurrenzfähig bleiben solle.

Bezos, laut Wirtschaftsmagazin „Forbes“, einer der reichsten Menschen der Welt, hatte die damals kränkelnde Hauptstadtzeitung 2013 für 250 Millionen Dollar gekauft (epd 32/13). Es folgten mehrere gute Jahre mit steigenden Auflagen, Innovationen und Enthüllungen über Trump. Im Dezember 2022 wurden allerdings Probleme bei der „Post“ öffentlich, als die Zeitung ihre Sonntagsbeilage einstellte und dort tätige Mitarbeiter entließ (epd 4/23).

Aus epd medien 42/23 vom 20. Oktober 2023

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