In Sachsen ist ein Transparenzgesetz in Kraft getreten, das es den Bürgerinnen und Bürger erleichtert, Informationen von Behörden zu erhalten. Das neue Gesetz gilt auch für die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). Seit Anfang Januar unterliegt die in Leipzig angesiedelte SLM damit einer erweiterten Transparenzpflicht.
Sachsen gehörte bis Ende 2022 zu der Gruppe von drei Bundesländern, die weder ein Informationsfreiheits- noch ein Transparenzgesetz hatten. Somit gelten jetzt in 14 der 16 Bundesländer entsprechende Gesetze. In Bayern und Niedersachsen ist dies bisher nicht der Fall. Als erstes Bundesland hatte Brandenburg im Jahr 1998 ein „Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz“ (AIG) verabschiedet.
Jede Person in Sachsen hat nun das Recht, Zugang zu digitalen Dokumenten oder Schriftstücken von Behörden zu erhalten und damit auch von der SLM. Allerdings sieht das Transparenzgesetz zahlreiche Ausnahmen vor. Daher ist die Aufsichtsbehörde nicht in allen Bereichen auskunftspflichtig, beispielsweise wenn es um „die schutzwürdige Vertraulichkeit von Beratungen“ oder „personenbezogene Daten in den Informationen“ geht.
Die SLM teilte auf epd-Nachfrage mit, dass das Gesetz „einen ausdifferenzierten Katalog von Inhalten“ benenne, die nicht der Transparenzpflicht unterlägen. Zu diesen Inhalten zählten Entwürfe, Notizen, behördeninterne Kommunikation und Vermerke. Es bestehe hier „ein Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses und der internen Willensbildung“.
Die Medienanstalt verwies ferner auf Antragsunterlagen für Rundfunkzulassungen. Diese Dokumente enthielten regelmäßig Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Antragsstellenden. Daher sei hier zu prüfen, ob solche Informationen von der Transparenzpflicht erfasst würden. Im Gesetz ist geregelt, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht der Transparenzpflicht unterliegen, „soweit nicht der Inhaber des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses in das Bekanntwerden eingewilligt hat oder das Transparenzinteresse überwiegt“.
Laut dem Transparenzgesetz sollen die angefragten Informationen unverzüglich zugänglich gemacht werden, spätestens aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags. Liegt der Aufwand, um die Informationen zugänglich zu machen, niedriger als 600 Euro, ist der Zugang gebühren- und auslagenfrei. Die Gebühr für Auskünfte kann maximal 2.500 Euro betragen. Bis spätestens 2026 muss dem neuen Gesetz zufolge in Sachsen darüber hinaus eine Transparenzplattform aufgebaut werden, auf der die Behörden und somit auch die SLM dann transparenzpflichtige Informationen unverzüglich veröffentlichen müssen.
Wahrung der Rundfunkfreiheit
Bei der SLM habe es bisher einen Antrag auf Auskunft gegeben, der mit dem neuen Transparenzgesetz begründet wurde, teilte die Medienanstalt dem epd mit. Auf der Startseite ihres Internet-Auftritts weist die SLM, wie es im Gesetz explizit vorgeschrieben wurde, darauf hin, dass sie seit Januar 2023 eine „transparenzpflichtige Stelle“ sei.
Einen solchen Hinweis gibt es beim MDR auf der Startseite seines Internet-Angebots bisher nicht. Im neuen sächsischen Transparenzgesetz heißt es aber, dass die Vorschriften auch für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gelten, „soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen und dies staatsvertraglich geregelt ist“.
Ein MDR-Sprecher verwies auf epd-Anfrage auf die Rundfunkfreiheit: Alle, auch verwaltende Tätigkeiten, hätten stets dienende Funktion für die Rundfunkfreiheit. „Dies erschwert die klare Abgrenzung zwischen verwaltenden und journalistisch redaktionellen Tätigkeiten.“ Es sei daher im jeweiligen Einzelfall zwischen der Wahrung der Rundfunkfreiheit und der gesetzlichen Transparenzverpflichtung abzuwägen. Dabei werde „im Zweifel stets für die Wahrung der Rundfunkfreiheit zu entscheiden sein“, so der Sprecher weiter: „Soweit den MDR Verpflichtungen aus dem Sächsischen Transparenzgesetz treffen, wird er diese im Lichte der vorgenannten Abwägungen erfüllen.“
Die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte, Juliane Hundert, sagte dem epd, grundsätzlich sei auch der MDR eine transparenzpflichtige Stelle. „Mit der Beschränkung auf seine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung soll sichergestellt werden, dass die Rundfunkfreiheit gewahrt und nicht durch Informationspflichten verletzt wird“, sagte Hundert: Von der Transparenzpflicht ausgenommen seien in erster Linie journalistisch-redaktionelle Informationen. Die Transparenzpflicht des MDR betreffe „beispielsweise die Einziehung des Rundfunkbeitrags oder die Tätigkeit des Rundfunk- oder Verwaltungsrats“.
Gemeinsame Regelung
Letztlich sei aber, so Hundert, „immer eine Entscheidung im Einzelfall erforderlich“. Die Sächsische Transparenzbeauftragte erklärte, dass auch für den MDR die gesetzliche Pflicht bestehe, auf seiner Internet-Seite auf das sächsische Transparenzgesetz hinzuweisen. Dabei könne der MDR auch die Einschränkungen der Transparenzpflicht nennen. „Wenn der MDR aktuell noch nicht über einen solchen Hinweis auf der Internet-Seite verfügt, sollte er das nachholen“, sagte Hundert.
Den MDR als Drei-Länder-Anstalt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen betreffen nun drei verschiedene Gesetze: neben dem neuen sächsischen Transparenzgesetz noch das Informationszugangsgesetz von Sachsen-Anhalt und das Thüringer Transparenzgesetz. Der MDR-Staatsvertrag, den Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam verabschieden, enthält derzeit keine Regelung, welches Transparenzgesetz für die Rundfunkanstalt gilt. Beim Datenschutzrecht haben die drei Länder im MDR-Staatsvertrag verankert, dass „die Vorschriften des Freistaates Sachsen über den Schutz personenbezogener Daten“ gelten. Ebenso wurde staatsvertraglich verankert, dass beim Sender das Bundespersonalvertretungsgesetz greift.
Dass eine solche Regelung im MDR-Staatsvertrag mit Blick auf Transparenzgesetze fehlt, hatte im Jahr 2017 das Verwaltungsgericht Leipzig in einem Urteil konstatiert (AZ: 3 K 1012/15). Damals gab es solche Gesetze nur in Sachsen-Anhalt und Thüringen. In dem Rechtsstreit ging es darum, ob der MDR aufgrund des Informationszugangsgesetzes von Sachsen-Anhalt einem sächsischen Bürger bestimmte Auskünfte erteilen muss.
Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass das Informationszugangsgesetz von Sachsen-Anhalt nicht greife. Im MDR-Staatsvertrag sei nicht ausdrücklich geregelt, welches Recht des Informationszugangs anzuwenden sei. Eine den MDR verpflichtende Regelung setze eine vertragliche Übereinkunft der drei Länder voraus. Diese hätten gemeinsam festgelegt, dass das sächsische Datenschutzrecht und das Bundespersonalvertretungsgesetz für den MDR gelten, so das Verwaltungsgericht damals weiter. Da im MDR-Staatsvertrag eine derartige Regelung für das Informationsfreiheitsrecht fehle, bedeutete dies, dass die Länder hier eine gemeinsame Regelung für das Sendegebiet nicht treffen wollten. Daher komme auch nicht in Betracht, die landesrechtlichen Regelungen eines der beteiligten Länder anzuwenden.
Das Sächsische Oberverwaltungsgerichts (OVG), das sich mit dem Fall noch beschäftigte, schloss sich im Februar 2018 der Auffassung der Vorinstanz an (AZ: 3 A 755/17). Zudem erklärte das OVG in seinem Beschluss, es sei auch bei anderen Mehrländerrundfunkanstalten so, dass „eine mit anderen Landesregelungen konkurrierende Regelung eines Mitgliedslandes über den Informationszugang nur dann Anwendung findet, wenn dies in dem diesbezüglichen Staatsvertrag oder den hierzu ergangenen Landesgesetzen ausdrücklich geregelt ist“. Insgesamt betrachtet könnte es nun so sein, dass der MDR die Herausgabe von Informationen zu Verwaltungsaufgaben auch deshalb ablehnen könnte, weil es im MDR-Staatsvertrag bisher keine Regelung dazu gibt, welches der nun drei Transparenzgesetze anzuwenden ist.
Aus epd medien 8/23 vom 24. Februar 2023