In der Debatte über den Rundfunkbeitrag befürwortet der Chef der Staatskanzlei in Sachsen und Koordinator der CDU/CSU-regierten Bundesländer in der Rundfunkkommission, Oliver Schenk, ein Beitragsmoratorium. Zu den Landtagswahlen im kommenden Jahr in Thüringen, Sachsen und Brandenburg würde eine Verschiebung der Beitragsanpassung um beispielsweise zwei Jahre zunächst den Druck aus der politischen Debatte nehmen, sagte Schenk am 27. Juli in Dresden. Allerdings könne ein solches Vorgehen im ungünstigen Fall dazu führen, dass nach dem Moratorium die mögliche Beitragserhöhung dann höher ausfiele.
Bereits im September 2022 hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein Moratorium beim Rundfunkbeitrag vorgeschlagen. Schenk sagte, er sei „nicht ganz glücklich“ darüber, dass einige Bundesländer schon zum jetzigen Zeitpunkt mögliche Beitragserhöhungen für die Gebührenperiode 2025 bis 2028 ablehnen, obwohl alle Länder sich auf das Verfahren zur Festlegung über die zuständige Kommission KEF verständigt haben. Sollte im Streit über die Beitragserhöhung der „Gang nach Karlsruhe“ zum Bundesverfassungsgericht eingeschlagen werden, leide „das gesamte System des ÖRR“ darunter.
In einer epd-Umfrage hatten sich im vergangenen Juni Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt gegen eine Erhöhung des Beitrags ausgesprochen (epd 26/23). Die übrigen Länder verwiesen auf die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), die im Februar 2024 vorgelegt werden soll.
Ende Juli sprach sich auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags für ARD, ZDF und Deutschlandradio aus. „Da stelle ich mich vehement dagegen“, sagte er der „Berliner Morgenpost am Sonntag“ (Ausgabe vom 30. Juli). Entscheidend sei, dass der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) endlich Reformen anpacke. „Die schlechteste Variante ist es, jetzt über Beitragserhöhungen zu sprechen“, betonte Wegner.
Der RBB habe bei den Beitragszahlern viel Vertrauen verloren. Es müsste deshalb Reformen, mehr Transparenz und bessere Kontrolle geben, sagte Wegner. Gemeinsam mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) werde am Staatsvertrag für den RBB gearbeitet. Darin seien Transparenz, Kontrolle und die Gehälter für die Führungsebene wichtige Themen. Beim RBB sei sehr viel Geld ausgegeben worden, „das weder dem Programm noch den normalen Beschäftigten zugutegekommen ist“.
Die Landesrechnungshöfe beider Länder hatten zudem eine Obergrenze für Gehälter empfohlen. „Diese Position wird sich maßgeblich im Staatsvertrag wiederfinden“, kündigte Berlins Regierender Bürgermeister an. Die Bezahlung der Führungsebenen habe zudem viele Zuschauer und Beschäftigte verärgert. „Die exorbitant hohen Gehälter für die Führungsebene können so nicht bleiben.“ Deshalb müsse es bei der Intendanz und den Direktoren eine Deckelung geben.
Derzeit liegt der Rundfunkbeitrag bei 18,36 Euro pro Monat. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio meldeten Ende April ihren Finanzbedarf für die kommende Beitragsperiode ab 2025 bei der KEF an. Sie gehen dabei von Teuerungsraten zwischen 2,16 und 2,71 Prozent aus (epd 18/23). Auf Basis der Empfehlung der KEF entscheiden die Bundesländer über den neuen Rundfunkbeitrag.
Schenk sagte, die bisherigen Sparvorschläge von ARD und ZDF seien „nicht ausreichend“. Im Idealfall schaffe es die KEF, die Vorschläge des neu eingesetzten „Zukunftsrates“, die er zum Ende des Jahres erwarte, in ihre Beitragsempfehlung mit aufzunehmen. Hier hofft Schenk auch auf beitragsrelevante Ideen des Zukunftsrates.
Der Chef der sächsischen Staatskanzlei plädierte zudem für „konkrete Anreizstrukturen“ für die nächste Beitragsperiode. Denkbar sei etwa ein „Innovationsbudget“ in Höhe von ein bis zwei Prozent des Gesamtbudgets, auf das sich die Rundfunkanstalten bewerben könnten. Die „Antriebskräfte“ für Veränderungen seien bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht so ausgeprägt wie bei den Privatsendern.
Schenk sagte außerdem, er sei enttäuscht, dass der Entwurf für den Bundeshaushalt kein Geld für die Presseförderung vorsieht (epd 28/23). Hohe Zustellkosten durch steigende Energiepreise und den Mindestlohn hätten zur Folge, dass in ländlichen Räumen die ersten Anzeigenblätter eingestellt worden seien. Für einen Übergangszeitraum sei deshalb eine Förderung nötig. Dazu gebe es unterschiedliche Ansätze, wie etwa die Absenkung der Mehrwertsteuer oder die Förderung einzelner Redaktionen. Schenk sieht hier Handlungsbedarf aufseiten der Bundesregierung, die beim Haushalt nachbessern müsse. Zudem bemängelte er die „ungeklärte Federführung“ zwischen Bundeswirtschaftsministerium und Kulturstaatsministerin.
Aus epd medien 31-32/23 vom 4. August 2023