Die Mehrzahl der Vertreter der 16 Bundesländer im ZDF-Fernsehrat hat im Jahr 2022 höchstens an der Hälfte der Sitzungen des Aufsichtsgremiums und seiner Ausschüsse teilgenommen. Das geht aus der Anwesenheitsliste für das vergangene Jahr hervor, die der ZDF-Fernsehrat auf seiner Internet-Seite veröffentlichte. Danach nahmen 2022 die Abgesandten von sechs Ländern an der Hälfte der Sitzungen des Fernsehrats und seiner Ausschüsse teil. Bei den Vertretern von weiteren fünf Ländern lag die Anwesenheitsquote noch darunter, sie betrug zwischen 25 und 42 Prozent.
Jede Landesregierung besetzt in dem aus insgesamt 60 Personen bestehenden Fernsehrat einen Platz, außerdem gehören dem Gremium noch Vertreter aus der Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und den Kirchen an. Der Fernsehrat, der grundsätzlich vier Mal im Jahr tagt, hat sechs Ausschüsse, die in der Regel ebenfalls jeweils viermal im Jahr für Sitzungen zusammenkommen.
Drei Politiker nahmen nur an einem Viertel der Sitzungen teil: der nordrhein-westfälische Medienminister Nathanael Liminski (CDU), der Thüringer Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) und Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Heiko Geue (SPD). Liminski und Geue waren jeweils bei zwei von acht Plenums- und Ausschusssitzungen anwesend. Hoff nahm nur an einer von vier Plenumssitzungen teil. Er gehörte nicht zusätzlich noch einem Ausschuss an.
Bei den Vertretern der übrigen fünf Bundesländer betrug die Anwesenheitsquote mindestens 67 Prozent. Als einziger Ländervertreter kam der saarländische Abgesandte Peter Jacoby auf eine Anwesenheitsquote von 100 Prozent. Er besuchte die vier Plenums- und vier Ausschusssitzungen. Jacoby, der Mitglied der CDU ist, war früher saarländischer Finanzminister und von 2012 bis 2022 Geschäftsführer der Lotteriegesellschaft Saartoto. Katrin Schütz (CDU) kam als Vertreterin des Landes Baden-Württemberg auf eine Teilnahmequote von 88 Prozent (sieben von acht Sitzungen). Schütz war von 2016 bis 2021 Staatssekretärin im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium.
Salomon Korn, der Vertreter des Zentralrats der Juden, nahm 2022 an keiner Sitzung des Fernsehrats und seiner Ausschüsse teil. Korn sei eine „Teilnahme an den Fernsehratssitzungen im Jahr 2022 aufgrund der damaligen virulenten Corona-Pandemielage leider nicht möglich“ gewesen, erklärte Michaela Fuhrmann, Leiterin für politische Beziehungen der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, dem epd. „Da er aufgrund seines Alters zu der am stärksten gefährdeten Gruppe gehört, hat er im vergangenen Jahr alle Sitzungen mit zahlreichen Teilnehmern gemieden.“ Über diese Entscheidung habe Korn auch das ZDF und den Zentralrat informiert. Der 79-jährige Korn ist seit 1999 Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main. Er gehört dem Fernsehrat seit 2003 an.
In diesem Jahr werde Korn wieder an den Fernsehratssitzungen teilnehmen, da sich die Pandemielage entspannt habe, erklärte Fuhrmann. Das habe er dem ZDF bereits mitgeteilt. Am 10. März findet die erste Sitzung des Fernsehrats in diesem Jahr statt.
18 Mitglieder fehlten bei keiner Sitzung
Neben den Politikern Liminski, Geue und Hoff kam auch die Vertreterin des Deutschen Caritasverbands im Fernsehrat, Eva Maria Welskop-Deffaa, auf eine niedrige Anwesenheitsquote. Sie nahm laut Liste 2022 an zwei von sieben Sitzungen teil.
Auf eine Anwesenheit von 100 Prozent bei den Plenums- und Ausschusssitzungen kamen im Jahr 2022 neben Peter Jacoby noch weitere 18 Mitglieder. Die Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme, Vertreterin der Evangelischen Kirche, war bei insgesamt elf von zwölf Sitzungen anwesend. Die meisten Sitzungen absolvierte Hans-Günter Henneke, Vertreter des Deutschen Landkreistags im Fernsehrat, der an insgesamt 21 Sitzungen teilnahm, vier Plenums- und 17 Ausschusssitzungen. Henneke gehört nach Angaben des Fernsehrats fünf der sechs Ausschüsse an.
Die Anwesenheitsquote aller Fernsehratsmitglieder belief sich im Jahr 2022 im Durchschnitt auf 78 Prozent - 2021 waren es 82 Prozent. Die Quote ist erstmals seit 2019 wieder unter die Marke von 80 Prozent gesunken. Für das Jahr 2015 hatte der Fernsehrat erstmals eine Teilnahmeliste veröffentlicht, im Schnitt lag die Anwesenheit damals bei 69 Prozent - im Folgejahr stieg sie dann auf 81 Prozent.
Die Mitglieder des ZDF-Fernsehrats erhalten eine monatliche Aufwandsentschädigung von 520 Euro. Bei der Vorsitzenden sind es 1.040 Euro. Die drei stellvertretenden Fernsehratsvorsitzenden und die sechs Ausschussvorsitzenden erhalten jeweils 780 Euro. Außerdem gibt es ein Sitzungsgeld von 150 Euro je Sitzungstag.
Beim ZDF-Fernsehrat gibt es keine stellvertretendem Gremienmitglieder, die die Mitglieder vertreten können. Bei den ARD Landesrundfunkanstalten gibt es stellvertretende Mitglieder in drei Gremien: bei den Rundfunkräten des Westdeutschen Rundfunks (WDR), des Saarländischen Rundfunks (SR) und von Radio Bremen.
Söder fehlte bei vier von fünf Sitzungen
Beim ZDF-Verwaltungsrat lag nach Angaben des Gremiums die Teilnahmequote der Mitglieder an den Plenums- und Ausschusssitzungen im Jahr 2022 durchschnittlich bei 87 Prozent. Im Jahr zuvor waren es 91 Prozent. Dem ZDF-Verwaltungsrat, der fünf Mal pro Jahr tagt, gehören aktuell nur elf Personen an. Im Dezember 2022 schied der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aus dem Gremium aus, in dem er 2019 Mitglied geworden war (epd 1-2/23). Zur Begründung für den Rückzug hieß es, Söder könne aufgrund „umfangreicher Verpflichtungen in Bayern“ dem Gremium nicht weiter angehören. Bisher haben die Ministerpräsidenten noch nicht über Söders Nachfolge im Verwaltungsrat entschieden. Vier der zwölf Mitglieder werden von den Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam berufen, die übrigen acht Mitglieder werden vom Fernsehrat gewählt.
Markus Söder nahm im Jahr 2022 nur an einer der fünf Verwaltungsratssitzungen teil - eine so niedrige Quote hatte keines der übrigen Mitglieder. Bereits in den Jahren 2020 und 2021 war Söder mit lediglich 40 Prozent Präsenzquote das Verwaltungsratsmitglied, das am häufigsten gefehlt hat (epd 1-2/23). Söder gehörte keinem der drei Ausschüsse des Gremiums an, das von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) geleitet wird. Dreyer nahm 2022 an acht von zehn Plenums- und Ausschusssitzungen teil. Neben Söder und Dreyer gehören dem Gremium noch die Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) und Dietmar Woidke (SPD) an.
Beim ZDF-Verwaltungsrat begann zum 1. Juli 2022 eine neue fünfjährige Amtsperiode. Sachsens-Anhalts Ministerpräsident Haseloff löste damals den früheren sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) ab (epd 27/22). Außerdem zog der Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch, zuvor ZDF-Fernsehratsmitglied, in den Verwaltungsrat ein. Er folgte auf Martin Stadelmaier zuletzt Leiter der Hauptstadtrepräsentanz des Deutschen Lotto- und Totoblocks und davor Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei.
Haseloff besuchte seit Juli 2022 drei von fünf Sitzungen. Dobusch nahm ab Juli 2022 an acht von acht Sitzungen teil. Neben Dobusch verpassten weitere vier Verwaltungsratsmitglieder keine Sitzungen. Dazu gehörte auch Gabriele Beibst, frühere Rektorin der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, die 2022 die meisten Sitzungen absolvierte, insgesamt 21. Die Arbeit des Verwaltungsrats wird in drei Ausschüssen vorbereitet: im Finanzausschuss, Investitionsausschuss und Personalausschuss.
Auch die Mitglieder des ZDF-Verwaltungsrats bekommen eine monatliche Aufwandsentschädigung, sie beläuft sich auf 780 Euro. Die Vorsitzende erhält 1.560 Euro. Die beiden stellvertretenden Verwaltungsratsvorsitzenden und die drei Ausschussvorsitzenden erhalten jeweils 1.170 Euro. Wie beim Fernsehrat beträgt auch beim Verwaltungsrat das Sitzungsgeld 150 Euro je Sitzungstag.
Aus epd medien 10/23 vom 10. März 2023