Die Bundesländer planen, die neuen Regelungen zur Stärkung von Transparenz und Kontrolle bei den öffentlich-rechtlichen Sendern Anfang kommenden Jahres in Kraft zu setzen. Ab diesem Zeitpunkt soll der vierte Medienänderungsstaatsvertrag gelten, in dem die Länder zusätzliche Transparenz- und Kontrollvorschriften für ARD, ZDF und Deutschlandradio verankern wollen. Das genaue Datum für das Inkrafttreten hänge noch „von den Beratungsterminen der Landtage ab, der genaue Zeitplan wird derzeit abgestimmt“, teilte die Pressestelle der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei dem epd mit. Rheinland-Pfalz hat den Vorsitz der Rundfunkkommission der Länder inne und koordiniert die Medienpolitik der Länder.
Nach Angaben der Mainzer Staatskanzlei sind zwischen dem 19. Dezember 2022 und dem 31. Januar dieses Jahres 20 Stellungnahmen zu der geplanten Novelle eingegangen. Elf stammten von Unternehmen, Verbänden und Rundfunkanstalten. Die übrigen neun hätten Privatpersonen eingereicht. Alle Eingaben seien bereits ausgewertet worden. Sofern die Urheber der Stellungnahmen einer Veröffentlichung zugestimmt haben, sollen diese in Kürze auf der Internet-Seite der Rundfunkkommission veröffentlicht werden.
Mit der vierten Novelle des Medienstaatsvertrags reagieren die Bundesländer auf die Affäre um die frühere Intendantin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) Patricia Schlesinger und den früheren Vorsitzenden des RBB-Verwaltungsrats Wolf-Dieter Wolf. Künftig soll es für Compliance, Transparenz und Gremienaufsicht einheitliche Standards bei den öffentlich-rechtlichen Sendern geben. Die Rundfunkkommission hatte den Diskussionsentwurf für die öffentliche Anhörung auf ihrer Internet-Seite veröffentlicht (www.rundfunkkommission.rlp.de).
Mehrere Verbände und Organisationen haben ihre Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf bereits veröffentlicht, dazu gehören unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR), der Verband Privater Medien (Vaunet), der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di.
Die Open Knowledge Foundation Deutschland kritisiert in ihrer Stellungnahme, dass die geplanten Transparenzvorschriften für die öffentlich-rechtlichen Sender in Paragraph 31a des Entwurfs nicht ausreichend seien. Sie griffen „deutlich zu kurz, da ein Informationszugangsrecht auf Antrag, soweit keine journalistisch-redaktionellen Inhalte betroffen sind, hierdurch nicht sichergestellt wird“.
Der Staatsvertragsentwurf enthalte weder eine Vorgabe, dass die Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetze der Bundesländer auch auf die jeweiligen Anstalten anzuwenden seien noch eine eigenständige Regelung zum Informationszugang, schreibt die Open Knowledge Foundation: „Ein Informationszugangsrecht auf Antrag muss zwingend neben die in § 31a geregelten Veröffentlichungspflichten treten, damit von echter Transparenz gesprochen werden kann“. Der in Berlin ansässige Verein betreibt unter anderem das Transparenzportal „FragdenStaat“.
Zum Diskussionsentwurf für den vierten Medienänderungsstaatsvertrag sind deutlich weniger Stellungnahmen eingegangen als bei der vorherigen Novelle. Zum Diskussionsentwurf für den dritten Medienänderungsstaatsvertrag gab es mehr als 2.600 Stellungnahmen, die zwischen dem 19. November 2021 und dem 14. Januar 2022 eingingen (epd 04/22). Davon stammten rund 60 von Unternehmen und Verbänden, der überwiegende Teil kam von Privatpersonen . Der dritte Medienänderungsstaatsvertrag wird derzeit in den Landtagen beraten. Nur wenn bis Ende Juni alle 16 Landesparlamente das Vertragswerk verabschieden, kann es wie geplant am 1. Juli in Kraft treten.
Beim zweiten Medienänderungsstaatsvertrag, der seit dem 30. Juni 2022 in Kraft ist, waren bei der öffentlichen Anhörung 16 Stellungnahmen eingegangen: 14 von Verbänden und zwei von Privatpersonen. Beim ersten Medienstaatsvertrag waren es insgesamt rund 1.300 Stellungnahmen.
Der dritte Staatsvertrag enthält neue Regelungen für den Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und soll die Gremienkontrolle in den Bereichen Programm und Finanzen stärken. Außerdem erhalten die Sender die Möglichkeit, gemeinsam mit den Gremien zu entscheiden, ob sie einzelne Kanäle wie Tagesschau24 oder ZDFinfo ins Internet verlagern (epd 45/20).
Bei ihrer Konferenz am 16. März in Berlin wollen die Ministerpräsidenten den vierten Medienänderungsstaatsvertrag paraphieren, damit anschließend die sogenannte Vorunterrichtung der Landtage beginnen kann. Der nächste Schritt ist dann die Unterzeichnung des Vertragswerks: „Um das Gesetzgebungsverfahren möglichst zügig voranzutreiben, soll die Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten möglichst frühzeitig nach der Vorunterrichtung durch die Landtage erfolgen“, teilte die Pressestelle der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei mit.
Nach derzeitigen Planungsstand soll die Unterzeichnung im Mai erfolgen, gegebenenfalls im Umlaufverfahren. Im Anschluss daran soll das parlamentarische Ratifizierungsverfahren in den Landtagen starten. Alle 16 Parlamente müssen der Staatsvertragsnovelle zustimmen, damit sie Anfang 2024 in Kraft treten kann.
Aus epd medien 9/23 vom 3. März 2023