NDR setzt neuen "Kulturkreis" für besseres Arbeitsklima ein
Gremium hat 21 Mitglieder - Verwaltungsrat: Thema "Freie" umfassend behandeln
Hamburg (epd).

Beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) soll in Kürze der sogenannte Kulturkreis zur Verbesserung der Unternehmenskultur seine Arbeit aufnehmen. „Der Kulturkreis soll planmäßig Anfang Juni das erste Mal zusammenkommen“, erklärte der NDR am 5. Mai dem epd. Dem Kreis würden insgesamt 21 fest angestellte und freie Mitarbeiter der Rundfunkanstalt angehören. Hinzu komme die Person, die die neu geschaffene Stelle eines Prozessmanagers übernehmen werde und damit für die Moderation der Sitzungen des Kreises zuständig sei.

Das Verfahren zur Besetzung der Prozessmanager-Position befindet sich nach Senderangaben in der Endphase. Auf die Stelle, die vom 1. bis 16. März öffentlich ausgeschrieben war, waren insgesamt 41 interne und externe Bewerbungen eingegangen. Das hatte NDR-Intendant Joachim Knuth am 24. März in der NDR-Rundfunkratssitzung erklärt. Die Stelle wird zunächst befristet bis Ende 2024 besetzt. Es gibt eine Option für eine Verlängerung bis Ende 2025.

Die Einrichtung des Kulturkreises und die Schaffung der Prozessmanager-Stelle sind Folgen aus den im September 2022 öffentlich gewordenen Vorwürfen gegen Führungskräfte in den NDR-Landesfunkhäusern in Schleswig-Holstein und Hamburg. Der NDR hatte bei dem Theologen Stephan Reimers eine „umfassende Klimaanalyse“ zu Arbeitsatmosphäre und -zufriedenheit im Sender in Auftrag gegeben. Der „Klimabericht“, der am 28. März veröffentlicht wurde (epd 40/22, 13, 14-15/23) stellte fest, es gebe zwar kein „Klima der Angst“, wohl aber Kolleginnen und Kollegen mit Ängsten und Sorgen. Unter anderem hieß es darin: „Viele Mitarbeitende haben kein Vertrauen in die Geschäftsleitung. Sie vermissen Orientierung und klare Entscheidungen hinsichtlich der strategischen Ausrichtung des NDR.“

Nach der Veröffentlichung hatte der NDR-Verwaltungsrat der Geschäftsleitung „sein volles Vertrauen“ ausgesprochen und angekündigt, sich vor allem mit den Hinweisen im Bericht zu den Bereichen Führungskultur, Personalarbeit, Feste und Freie Mitarbeitende sowie Transformations- und Veränderungsprozesse zu befassen.

Anlass für die Untersuchung waren unter anderem Schlagzeilen um die damalige Hamburger Landesfunkhausdirektorin Sabine Rossbach. Ein interner Untersuchungsbericht attestierte ihr im Oktober einen Führungsstil, der die redaktionelle Atmosphäre im Funkhaus stark belastet habe. Rossbach trat daraufhin zurück. Neuer Direktor des NDR-Landesfunkhauses Hamburg wird zum 1. Juli Hendrik Lünenborg (epd 13/23)

Elf der 21 Mitglieder des Kulturkreises kommen aus vorgegebenen Bereichen. Dem NDR zufolge entsenden die Geschäftsleitung, die Personalräte und der Redaktionsausschuss jeweils zwei von ihnen benannte Personen in den Kulturkreis. Gleiches gilt für die freien Mitarbeiter. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie Volontäre benennen aus ihrem Kreis jeweils eine Person, gleiches gilt für ie Schwerbehindertenvertretung. Die übrigen zehn Mitglieder werden laut dem NDR von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewählt: „Vier davon sollen eine Führungsaufgabe haben, sechs weitere können fest angestellt oder freie Mitarbeitende sein.“

Einsetzung von Kompetenzteams möglich

In der März-Sitzung des NDR-Rundfunkrats hatte Intendant Knuth erklärt, der Kulturkreis könne auch Kompetenzteams einsetzen, die dann für bestimmte Bereiche die weitere Arbeit bewerkstelligen sollen. Auf epd-Nachfrage erklärte der NDR hierzu, die von Kulturkreis eingesetzten Kompetenzteams sollten unter anderem mit Experten besetzt werden und „einen umfassenden, crossfunktionalen Blick auf das Thema/die Aufgabe sicherstellen“. Mitglieder des Kulturkreises können Teil der Teams sein. Knuth hatte gesagt, dass man für die Mitglieder des Kulturkreises mit einer Arbeitszeit von rund einem Tag pro Woche rechne. Wie die Kompensation dafür bei den Festangestellten ausfalle, würden die zuständigen Direktionen entscheiden. Bei den Freien werde es eine Honorierung geben.

Im Kulturkreis soll es auch um die Dauer von Rahmenverträgen von freien NDR-Mitarbeitern gehen. Bisher war es so, dass solche Verträge in der Regel nach einer 15-jährigen Beschäftigung nicht mehr verlängert werden konnten. Zuletzt hatte die NDR-Geschäftsleitung entschieden, dass Vereinbarungen mit freien Mitarbeitern nicht mehr aufgrund der Beschäftigungsdauer beendet werden können. Den freien Mitarbeitern mit einem Rahmenvertrag, die bis Ende 2024 länger als 15 Jahre beschäftigt sind, werde angeboten, ihren Vertrag um mindestens zwei und maximal acht Jahre zu verlängern, erklärte der NDR auf epd-Anfrage. Im Kulturkreis sollen „gemeinsame Kriterien entwickelt werden, die über eine Weiterbeschäftigung entscheiden“.

Der NDR-Verwaltungsrat hat sich nach Prüfung des „Klimaberichts“ zur Unternehmenskultur im NDR für eine umfassende Behandlung des Themas „Freie Mitarbeit im NDR“ ausgesprochen. Das Gremium wünsche, dass der neu zu bildende „Kulturkreis“ sich damit beschäftigte, erklärte der Verwaltungsrat am 5. Mai in Hamburg. Die mittlerweile abgeschaffte 15-Jahre-Grenze für freie Mitarbeitende sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Aus epd medien 19/23 vom 12. Mai 2023

vnn/cd