Landesregierungen billigen neuen RBB-Staatsvertrag
Demmer: RBB prüft, ob es Eingriffe in die Rundfunkfreiheit gibt
Potsdam (epd).

Die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg haben am 3. November in Potsdam den neuen Staatsvertrag für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) beschlossen. Die letzte Entscheidung über den künftigen rechtlichen Rahmen für den Sender treffen das Berliner Abgeordnetenhaus und der Landtag von Brandenburg. Inhaltliche Änderungen sind jedoch nicht mehr möglich. Die Landesparlamente können den neuen Staatsvertrag nur annehmen oder ablehnen. Der RBB, Journalistenorganisationen und Medienrechtler hatten die Pläne für den Staatsvertrag kritisiert (epd 43/23).

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagten nach der gemeinsamen Kabinettssitzung, Ziele seien mehr Akzeptanz und Transparenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das Vertrauen der Menschen müsse nach der RBB-Krise zurückgewonnen werden. Woidke sagte, die „Machenschaften“ von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger und weiteren RBB-Führungskräften hätten dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk deutschlandweit geschadet.

Schlesinger war 2022 nach Vorwürfen der Verschwendung und Vetternwirtschaft entlassen worden. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen die Ex-Intendantin, den früheren Vorsitzenden des RBB-Verwaltungsrats Wolf-Dieter Wolf und weitere frühere Mitglieder der Geschäftsleitung des Senders wegen des Verdachts der Untreue und Verschwendung (epd 38, 40/22). Wegner sagte, der neue Staatsvertrag stärke die Kontrolle und sei ein „Zukunftsmeilenstein“ für den RBB und den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland.

In der Neufassung des RBB-Staatsvertrags ist unter anderem eine Deckelung des Intendantengehalts auf die Höhe von Minister- und Senatorenbezügen der beiden Bundesländer vorgesehen, das an deren Besoldung angelehnte sogenannte B-11-Äquivalent. Entscheidungen von erheblicher Bedeutung sollen künftig in einem dreiköpfigen Direktorium getroffen werden. Geplant ist auch, den RBB zu einem verbindlichen Verhaltenskodex gegen Korruption zu verpflichten.

Die Aufsichtsgremien Verwaltungsrat und Rundfunkrat sollen professionalisiert und die Kontrolle des Senders durch beide Gremien sowie die externe Finanzkontrolle durch die Landesrechnungshöfe gestärkt werden. Die Rechnungshöfe sollen künftig auch die wirtschaftliche Gesamtsituation des Senders regelmäßig prüfen. Für die Intendantin, weitere Führungskräfte und die Gremienmitglieder sollen Haftungsregelungen im Fall grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzungen eingeführt werden.

Vorgesehen ist auch eine stärkere Regionalisierung. So soll unter anderem die getrennte Sendezeit für Berlin und Brandenburg im Fernsehen von 30 auf 60 Minuten ausgeweitet werden. Außerdem ist geplant, je eine Leitungsposition für die Landesangebote aus Berlin und Brandenburg neu zu schaffen. Beide sollen vom Rundfunkrat gewählt werden und der Programmdirektion unterstellt werden. Auch Regionalstudios in Cottbus und Frankfurt/Oder werden im Staatsvertrag vorgeschrieben.

Woidke sagte, Regionalberichterstattung sei Kernaufgabe und Daseinsberechtigung einer Länder-Rundfunkanstalt. Die Lebenswirklichkeit müsse besser abgebildet werden. Kritik aus dem RBB, die Neuregelungen führten zu Mehrausgaben, wies der Ministerpräsident zurück. Dabei gehe es allenfalls um 0,5 Prozent des rund 600 Millionen Euro umfassenden Jahreshaushalts. Beide Regierungschefs sprachen sich auch gegen Beitragserhöhungen aus.

RBB-Intendantin Ulrike Demmer hatte in den vergangenen Wochen kritisiert, die Einrichtung eines neuen Regionalbüros würde 400.000 Euro kosten. Mit dem Geld könnte eine Aufstockung der Reporter von vier auf sieben finanziert werden. Da die Finanzen des RBB begrenzt seien, würde sie die Mittel lieber in Journalismus als in Miete investieren. Außerdem sagte sie, da die Landesbeauftragten vom Rundfunkrat gewählt werden sollen, gebe dies den Ländern die Möglichkeit, in die Programmgestaltung und Organisation einzugreifen. Dies sei ein schwerwiegender Eingriff in die Rundfunkfreiheit (epd 42, 43/23).

RBB teilt „wesentliche Ziele“ des Staatsvertrags

Dem epd sagte Demmer am 3. November, der Sender werde erneut prüfen, „ob es im nun beschlossenen Text Eingriffe in die grundgesetzlich garantierte Rundfunkfreiheit gibt“. Der Sender teile aber auch „wesentliche Ziele des Staatsvertrags: Wir wollen mehr Transparenz und bessere Kontrolle, wir wollen unsere regionale Berichterstattung gerade aus Brandenburg weiter ausbauen. Diesen Weg haben wir bereits eingeschlagen und setzen ihn jetzt mit ganzer Kraft fort.“

Der RBB hatte bei dem Staatsrechtler Joachim Wieland ein Gutachten zu dem Entwurf des Staatsvertrags in Auftrag gegeben, in dem dieser zu dem Schluss kam, die Wahl der Landesbeauftragten durch den Rundfunkrat verstoße gegen die Rundfunkfreiheit (epd 43/23). Auch hatte der Jurist bemängelt, dass der RBB selbst in dem Verfahren nicht angehört worden sei. Die vorgesehenen Haftungsregelungen für Intendantin und die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Rundfunkrats hält Wieland für „unverhältnismäßig“.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund hatten in einer gemeinsamen Stellungnahme Eingriffe in die Programmhoheit durch einzelne Regelungen des Staatsvertrags kritisiert. Unter anderem hatten die Gewerkschaften angemerkt, dass der RBB selbst über die Einrichtung neuer Regionalbüros nach journalistischem Ermessen entscheiden müsse. Die Gewerkschaften hatten ebenso bemängelt, dass die für Gremienmitglieder vorgesehene Mindesthaftung unverhältnismäßig sei, da sie sich nicht an dem ausgeübten Amt und den damit einhergehenden Zuwendungen und Verpflichtungen orientiere.

Die Deckelung der Intendantenbezüge begrüßten die Gewerkschaften grundsätzlich. Sie gaben in ihrer Stellungnahme aber zu bedenken, dass in der Geschäftsführung im privaten Rundfunk deutlich höhere Vergütungen üblich seien. Dies könnte daher „zu einem Wettbewerbsnachteil der öffentlich-rechtlichen in Konkurrenz zu den Privatmedien führen“, schrieben ver.di und DGB in ihrer Stellungnahme.

Aus epd-medien 45/23 vom 10. November 2023

dir/lob