Immer noch kein neuer Medienrat für SLM gewählt
Alter Medienrat seit Dezember 2022 geschäftsführend im Amt
Dresden (epd).

Bei der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) steht seit mehreren Monaten die Wahl des Medienrats aus. Die Amtsperiode des Kontroll- und Aufsichtsgremiums endete am 5. Dezember 2022, die Mitglieder sind aber weiterhin geschäftsführend im Amt. Im sächsischen Landtag kam bisher keine Neuwahl des Medienrats zustande. Auch in den beiden jüngsten Plenarsitzungen des Landtags am 1. und 2. Februar stand die Wahl nicht auf der Tagesordnung.

Dem SLM-Medienrat gehören fünf Sachverständige an. Im Parlament ist für ihre Wahl eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Über eine solche Mehrheit verfügt die Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD nicht. Um das Quorum zu erreichen, muss eine Fraktion aus der Opposition eingebunden werden, die aus der AfD und den Linken besteht. Der sächsische Landtag hat 119 Abgeordnete, für eine Zwei-Drittel-Mehrheit werden mindestens 80 Stimmen gebraucht. Zur Regierungskoalition gehören insgesamt 67 Parlamentarier. Die AfD hat 35 Abgeordnete, die Linke 14.

Die Mitglieder des SLM-Medienrats müssen laut dem sächsischen Privatrundfunkgesetz „besondere Eignung auf dem Gebiet der Medienwirtschaft, der Medienwissenschaft, der Rechtswissenschaft, der Medienpädagogik, der Rundfunktechnik, des Journalismus oder sonstiger Kommunikationsbereiche nachweisen“. Anfang November 2022 informierte Landtagspräsident Matthias Rößler die Abgeordneten darüber, welche Personen als Kandidaten für die neue sechsjährige Amtsperiode des SLM-Medienrat benannt wurden. Im Gesetz ist festgelegt, dass unter anderem bestimmte gesellschaftliche Gruppen und Organisationen aus dem Medienbereich mit überregionaler Bedeutung beim Landtag Personalvorschläge für die Besetzung des Medienrats einreichen können.

Die Frist dafür war am 5. September 2022 abgelaufen. Es gingen 15 Personalvorschläge ein. Ein weiterer kam nach Fristende, er blieb daher im weiteren Verfahren unberücksichtigt. Zu den vorgeschlagenen Kandidaten gehören drei derzeitige Medienratsmitglieder: Markus Heinker, Eva Brackelmann und Fabian Magerl. Heinker ist Dekan und Professor für Medienwirtschaft und Medienpolitik an der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida. Er ist seit 2019 Präsident des Medienrats. Brackelmann ist Geschäftsführerin der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen Sachsen und seit 2019 Vizepräsidentin des SLM-Medienrats. Magerl gehört dem Medienrat seit 2019 an und ist Landesgeschäftsführer der Barmer-Krankenkasse in Sachsen.

Die zwei weiteren derzeitigen Medienratsmitglieder, Michael Sagurna und Rüdiger Steinmetz, können dem Gremium in der neuen Amtsperiode nicht mehr angehören. Beide haben die maximal zulässigen zwei Amtszeiten absolviert.

Neben Heinker, Brackelmann und Magerl wurden unter anderem noch Hans Demmel, der frühere Geschäftsführer von NTV und ehemalige Vorstandsvorsitzende des Privatsenderverbands Vaunet vorgeschlagen, außerdem der Leipziger Medienrechtler Hubertus Gersdorf sowie vier Personen, die derzeit noch der SLM-Versammlung angehören, dem zweiten Gremium der Aufsichtsbehörde. Diese müssten die Versammlung der SLM verlassen, wenn sie in den Medienrat gewählt werden.

Die CDU-Landtagsfraktion begründet die Verzögerung bei der Wahl der Medienratsmitglieder mit einer geplanten Novelle des sächsischen Privatrundfunkgesetzes: „Die Staatsregierung hat dazu einen Referentenentwurf verfasst, welcher sich in der politischen Diskussion und noch vor der zweiten Kabinettsbefassung befindet. Aus Sicht der CDU-Fraktion ist es sinnvoll, diesen Prozess abzuschließen, bevor ein neuer Medienrat gewählt wird“, sagte Christian Fischer, Pressesprecher der sächsischen CDU-Fraktion, am 6. Februar dem epd.

In ihrem Koalitionsvertrag von 2019 zur Bildung einer Regierung haben CDU, Grüne und SPD unter anderem eine Novelle des Privatrundfunkgesetzes vereinbart. Die Koalition mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an der Spitze hat sich vorgenommen, „die Aufgaben und die Gremienstruktur der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM)“ grundsätzlich anzupassen.

Möglicherweise könnte mit der Novelle des Gesetzes die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag für die Wahl des Medienrats entfallen. Nach der aktuellen Rechtslage muss es dafür im Landtag ein Verständigungsverfahren geben. CDU-Fraktionssprecher Fischer sagte dem epd: „Die CDU-Fraktion lehnt grundsätzlich jegliche Kooperation mit der AfD ab.“

Auch die sächsische SPD-Landtagsfraktion will sich bei der Wahl des SLM-Medienrats nicht mit der AfD absprechen. Ihr Vorsitzender, der medienpolitische Sprecher Dirk Panter, teilte dem epd mit: „Eine Zwei-Drittel-Mehrheit mit Stimmen der AfD herzustellen, ist für die SPD nicht vorstellbar. Daher werden wir Gespräche mit der Linksfraktion im Landtag führen.“ Die Fraktionen befänden sich „momentan im Diskussionsprozess über die zu wählenden Personen“, so Panter.

Auch Claudia Maicher, medienpolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, schloss eine Absprache ihrer Fraktion mit der AfD aus: „Damit bleibt mit der Linken-Fraktion nur eine weitere demokratische Fraktion, aus deren Reihen Stimmen zu der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit beitragen können. Es handelt sich um eine geheime Wahl, das Abstimmverhalten der einzelnen Abgeordneten wird nicht bekannt werden.“ Maicher verwies zudem darauf, dass auch in vergangenen Wahlperioden die Wahl der SLM-Medienratsmitglieder erst verspätet stattfinden konnte. Dies sei „insofern nicht problematisch, da die zuletzt gewählten Mitglieder bis zu Neuwahl die Geschäfte des Medienrates weiterführen und die Landesmedienanstalt handlungsfähig ist“. Das sieht der SLM-Medienrat genauso, wie er dem epd mitteilte.

Markus Heinker vertritt als Präsident des Medienrats die SLM auch in den überregionalen Gremien der 14 Landesmedienanstalten. Die Mitglieder des SLM-Medienrats sind ehrenamtlich tätig und erhalten eine monatliche Aufwandsentschädigung. Diese beläuft sich nach Angaben der SLM beim Präsidenten des Medienrats auf 4.000 Euro, bei der Vizepräsidentin sind es 2.500 Euro. Die übrigen drei Medienratsmitglieder bekommen jeweils 2.000 Euro, Sitzungsgelder erhalten sie nicht. Eine Amtszeit dauert sechs Jahre.

Aus epd medien 6/23 vom 10. Februar 2023

vnn